KOMMENTARE
: Wiedergutmachung für Angola!

■ Die Waffenstillstands-Vereinbarung in Angola ist für die Supermächte keine Absolution

Ein höchst seltenes Ereignis wird derzeit in Angola Wirklichkeit: Die Waffen schweigen, aus Schlächterei wird endlich Vernunft. Die Waffenstillstands-Vereinbarung von Estoril ist eine Bestätigung für alle, die nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes an den Anbruch einer besseren Welt glauben. Denn was sechzehn Jahre lang im Südwesten Afrikas ausgefochten wurde, war ein von auswärtigen Interessen geleiteter Kampf, ein Stellvertreterkrieg auf mehreren Ebenen: in der Weltpolitik zwischen den Supermächten USA und UdSSR, im Lande selbst Südafrika gegen Kuba, und als Letztbetroffene Millionen Angolaner. Von einer Ebene zur anderen lösten sich diese Interessengegensätze auf. Übrig bleiben MPLA und Unita, die ihren Machtkampf nun wieder in die politische Arena zurückverlegen können.

So paradox es klingen mag: Der bisherige blutige Klientelkampf war ein moralischer Krieg, der Durchsetzung höherer und hehrer politischer Ziele verpflichtet. Die Linke beklatschte den Einsatz Zehntausender Kubaner, um den südafrikanischen Apartheidstaat und seine Terrorverbündeten am Sieg zu hindern. Die Rechte hielt die Existenz einer marxistischen Regierung in Luanda für illegitim und sah in der Internationalisierung des Krieges ein Mittel zur Durchsetzung ihrer Legalität. Alle waren bereit, dem Sieg des Ganzen das Sterben des einzelnen unterzuordnen.

Nun, da die mörderische Moral aus Angola abgezogen ist, kehrt in dem zerstörten Land zum ersten Mal Normalität ein — eine Normalität im afrikanischen Maßstab, bestehend aus Personenkult, Schwarzmarkt, fehlender Infrastruktur und gesellschaftlicher Desintegration. Das neue Angola, ab 1993 möglicherweise von einem Präsidenten Savimbi regiert, wird in der Weltpolitik wenig Aufmerksamkeit erregen. Noch hat die internationale Politik, trotz aller UNO-Diskussionen, den Sprung nicht geschafft, den das politische Denken seit mehr als zwei Jahrhunderten fordert: den Sprung von einer interessengeleiteten Moral hin zu einer allgemeinen Sittlichkeit, die nicht nur den zufälligen Interessen einzelner folgt.

Der Friedensprozeß in Angola entstand aus der notwendigen Bewältigung einer obsolet gewordenen Supermachtpolitik. Doch er darf damit nicht zu Ende sein. Den 100 Milliarden Dollar Kriegsschäden müssen zumindest Entschädigungen und eine aktive Hilfe beim Wiederaufbau folgen. Eine Friedenspolitik, die meint, die Angolaner könnten jetzt einfach eine neue Regierung wählen und dann alleine weitermachen, hat diesen Namen nicht verdient. Dominic Johnson