: Telefonieren soll geheim bleiben
Berlin (taz) — Die Hartnäckigkeit der Datenschützer in Sachen „Datenschutzverordnung Telekom“ scheint Früchte getragen zu haben. Entgegen dem ursprünglichen Entwurf, der eigentlich schon vor zwei Wochen vom Kabinett verabschiedet werden sollte, wird es nun doch möglich sein, beim Telefonieren im neuen ISDN-Netz fallweise zu entscheiden, ob die eigene Rufnummer am Apparat des Angerufenen angezeigt wird oder nicht. Bislang hatte sich Postminister Schwarz-Schilling beharrlich geweigert, einer solchen „Knöpfchenlösung“, wie sie auch in einer entsprechenden EG-Richtlinie vorgesehen ist, zuzustimmen.
Dem Sinneswandel vorausgegangen war ein Schreiben des Innenausschusses, in dem die von Schwarz- Schilling angestrebte „Alles oder nichts“-Lösung kritisiert worden war. Die sah vor, die Nummer des Anrufenden generell im Display auf dem Apparat des Angerufenen noch vor dem Abheben des Hörers anzuzeigen — oder per Antrag auf dieses „Komfortmerkmal“ gänzlich zu verzichten. Das jetzt vorgesehene „Knöpfchen“ räumt einen wesentlichen datenschutzrechtlichen Einwand aus, ohne daß die Vorteile beim digitalen Telefonieren wesentlich eingeschränkt werden. So bleibt zum Beispiel beim Anruf in der Aidsberatung — Schalter aus — das Display dort leer, die Anonymität der Hilfesuchenden bleibt gewahrt. Hat man umgedreht Sorge vor Telefonterror, kann man sich entscheiden, den Hörer nur dann abzunehmen, wenn sich der Anrufer mit der Nummernanzeige zu erkennen gibt.
Beim Bundesdatenschutzbeauftragten wertet man das Einlenken des Postministeriums als Erfolg einer „großen Koalition der Vernunft über alle Parteigrenzen hinweg“. Einwände hatte es im Innenausschuß auch aus den Reihen der CDU gegeben. Tatsächlich ist die Sturheit der Post gegen die technisch ohne weiteres machbare „Knöpfchen“-Regelung rätselhaft. Zu vermuten ist, daß die Telekom befürchtete, auf ihren knopflosen ISDN-Telefonen sitzenzubleiben. Andere Hersteller, zum Beispiel Siemens, haben entsprechende Apparate schon im Programm.
Wegen der Nachbesserung wird die „Datenschutzverordnung Telekom“ nun nicht wie vorgesehen bis zum 1. Juli, sondern erst nach der Sommerpause im Kabinett verabschiedet werden. Beendet ist die Diskussion um den Datenschutz im computergerechten ISDN-Netz damit aber noch keinesfalls. Zwar können die ISDN-Telefonkunden künftig entscheiden, wie lange ihre Verbindungsdaten im zentralen Postrechner gespeichert bleiben. In jedem Fall bleiben diese Angaben, wer, wann mit wem und wie lange telefoniert hat, bis zum Absenden der Fernmelderechnung bei der Post abrufbar.
Wer Zugriff auf die Daten hat, regelt der wachsweiche Paragraph 12 des Fernmeldeanlagengesetzes aus dem Jahre 1928 — demnach haben Gerichte und Staatsanwaltschaft schon in Bagatellfällen ein Einsichtsrecht. Zudem befürchten Technikkritiker wie das „Institut für Informationsökologie“ (IKÖ), daß der bundesdeutsche Datenschutz zum Flickwerk gerät. Denn vorgesehen ist, für die neuen Dienste wie die Mobilfunknetze D1/D 2, die zum Teil auch kommerziell betrieben werden, jeweils eigene Datenschutzverordnungen durch den Bundesrat beschließen zu lassen. Das IKÖ dagegen fordert, durch ein Gesetz zu den Informations- und Kommunikationstechniken einen generellen datenschutzrechtlichen Rahmen für die schöne, neue Welt des elektronischen Kommunizierens zu setzen. Frank Holzkamp
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