Schlafe, Fortuna, schlaf ein!

Stuttgarts neue S-Klasse gewann in Düsseldorf mit flottem Tempo und großer Präzision klar mit 4:0 Zwei Vereine träumen unablässig vom UEFA-Cup, aber der eine ist dabei tief und fest eingeschlafen  ■ Aus Düsseldorf Thomas Lötz

Beim Besuch eines Fußballspiels hast Du immer einen, der neben Dir steht oder sitzt. Mein Platznachbar bei der Partie Düsseldorf gegen Stuttgart trug einen Pepitahut. Oft war er in dieser Saison wohl noch nicht im Rheinstadion gewesen, kannte demzufolge auch einige Spieler nicht. Ahnung vom Spiel aber, die hatte er. Und sein Herz schlug kräftig für Fortuna.

Gerade hatten wir unsere Plätze eingenommen, da tanzte Sammer die gesamte Fortuna-Defensive aus und schoß die Schwaben in Führung. Rechts neben mir holte jemand ganz tief Luft. 20 Minuten lief das Spiel bereits, sah Stuttgart im Angriff, als ich von rechts angesprochen wurde: „Die spielen juut.“ Gemeint war die Elf vom Neckar. Und mein Nachbar unter dem Pepitahut hatte recht, und vielleicht ahnte er da auch schon, was noch kommen würde. Die ganze Breite und Länge des Feldes wurde ins schnelle, durchdachte und somit dominante Spiel der Daum-Schützlinge mit einbezogen.

Der Fortuna, wenn sie überhaupt agierte, gelang wenig. Schlaffe Pässe, in ermüdeten Hirnen gar nicht mehr geplant, fanden selten den eigenen Mann. Gelang dies dennoch, konnte die intelligente Gästeabwehr nie entscheidend überwunden werden.

Fortuna schlief. Und da die Spieler selbst nicht bemerkten, wie tief sie schliefen, sah sich in der Reihe hinter mir, ein Anhänger der Gastgeber genötig, sie wieder an der Realität teilhaben zu lassen: „Aufwachen, ihr Arschlöcher!“ Der Ruf zeigte keine Wirkung. Auch rhythmisches Klatschen und die „Kämpfen, kämpfen!“-Schreie störten die lethargische Ruhe der Fortunen nicht.

Statt dessen rauschte die neue S-Klasse in Rot-Weiß über das grüne Rechteck. Leise, ökonomisch, vor allem aber schnell bemächtigte sich Stuttgart des Düsseldorfer Platzanteils. Insbesondere in Standardsituationen offenbarten die VfBler Klasse. So fiel dann auch das 2:0. Frontzecks kopfballverlängerte Ecke landete auf Sammers Schlappen und aus elf Metern traf der Nationalspieler zum zweiten Mal. Auch am dritten Treffer durch Allgöwer kurz vor der Pause ist wiederum der Ex-Dresdner beteiligt. Lakonischer Kommentar meines Nachbarn in der Halbzeit: „Ja, de Fortuna hät halt keine Sammer. Der Daum hat die Truppe jut in Schuß. Die spille ja eine janze Klasse besser.“

Im zweiten Durchgang zollten die Düsseldorfer Fans der Leistung ihrer Mannschaft mit „Ma-O-Am“-Rufen Tribut. Kurze Zeit später dann stand das Spiel ganz still. Niemand verspürte Lust nach Bewegung, bis Fritz Walter nach erneuter — und erneut glänzender — Vorarbeit Sammers das Spiel mit seinem Einschieber zum 4:0 beendete.

Stuttgart und Düsseldorf dürfen weiterhin vom UEFA-Cup träumen, wobei die Fortuna endlich aufwachen sollte, weil sie sonst alle Züge verschlafen wird.

Fortuna Düsseldorf: Schmadtke — Loose — Spanring, Werner — Hey (70. Krümpelmann), Schütz, Carracedo, Büskens, Albertz (30. Hutwelker) — Andersen, Allofs.

VfB Stuttgart: Immel — Strehmel — Schäfer, Schneider — Buck, Hartmann, Allgöwer, Sammer, Frontzeck — Walter, Sverrisson (77. Kastl).

Zuschauer: 16.000, Tore: 0:1 Sammer (3.), 0:2 Sammer (27.), 0:3 Allgöwer (43.), 0:4 Walter (84.).