Werden 270 Bundeswehrstandorte geräumt?

■ Nach Hardthöhen-Konzept sollen 270 Bundeswehrkasernen dichtgemacht werden/ Stoltenberg-Sprecher dementiert

Berlin (taz) — Die Bonner Hardthöhe will jetzt offensichtlich ernst machen mit der Reduzierung deutscher Verteidigungskraft auf 370.000 Mann. Wie 'Die Welt‘ gestern berichtete, soll Verteidigungsminister Gerhard Stoltenberg nach Beratungen mit Staatssekretären und „höchsten Offizieren“ einem vorläufigen Konzept zugestimmt haben, nach dem in den alten Bundesländern von den knapp 700 Bundeswehrstandorten etwa 270 vollständig aufgegeben werden sollen. Geplant ist ferner, in weiteren 90 Kasernen und zahlreichen Liegenschaften die Belegschaft drastisch zu reduzieren.

Die Stillegungen seien vom Bundesverteidigungsministerium gewissermaßen gerecht auf alle betroffenen Regionen verteilt worden. Da mit erheblichen Auswirkungen auf die Wirtschaftskraft vieler Standorte gerechnet wird, soll die Bundeswehr in besonders strukturschwachen Gebieten in ihrer bisherigen Größe präsent bleiben beziehungsweise weniger stark abgebaut werden als in Regionen, die einen Abzug ökonomisch besser ausgleichen können. Am wenigsten soll demnach die geplante Reduzierung des Streitkräfteumfangs in Bremen und im Saarland zu Buche schlagen, während schon wegen der hohen Stationierungsdichte in Hessen und Niedersachsen diese beiden Bundesländer am stärksten betroffen sein werden.

Insgesamt werden nach dem bisherigen Planungsstand in rund 30 Kommunen größere Garnisonen ganz aufgegeben. Unter anderen betrifft dies zum Beispiel in Schleswig- Holstein die Städte Itzehoe und Lübeck, in Niedersachsen Wolfenbüttel, Northeim und Göttingen; in Baden-Württemberg werden Mannheim und Esslingen, in Bayern Passau und Nürnberg „truppenfrei“ sein. Auf mehr als einem Dutzend Fliegerhorsten soll die Luftwaffe den Flugbetrieb ganz einstellen.

Das Verteidigungsministerium reagierte gestern auf die Veröffentlichung der Reduzierungspläne mit einem wachsweichen Dementi. Es liege noch „kein entscheidungsreifes Gesamtstationierungskonzept“ vor, erklärte Hardthöhen-Sprecher Karlheinz Reichert. Erst zu einem späteren Zeitpunkt würden die vorläufigen Überlegungen für die künftige Stationierung erörtert und bewertet. Ende Mai sei mit Entscheidungen zu rechnen. Auf die konkreten Inhalte der Reduzierungspläne ging Stoltenbergs Sprecher mit keinem Wort ein. bg