Bücher, Kraut und Rüben

■ Norddt. Bücherfrühling: ein Bücherfrühlingsmorgen und die Bücherfrühlingsmesse

Ist das jetzt eine Veranstaltung? Huch, Veranstaltung: die Dame des Verbraucherzentrale-Tischs erschrickt. Nein, sie steh'n hier nur so, aber ich kann gerne das Quiz machen. Was für'n Quiz: Bin ich hier nicht im Grasmarktzelt/Ecke Bücherfrühling? Also u.a. da, wo man als breite Bevölkerungsschicht wieder Lesen lernen bzw. Spaß daran haben soll von 10 bis 19Uhr, weil doch keiner mehr liest, bloß ich will? Na, sind vielleicht ganz neue Methoden, Lesen lernen mit Quiz. Ist auch so kalt und außer mir so gar niemand da, mach' ich eben Quiz.

Und was soll ich sagen, ich bin gut. Ich weiß nämlich, daß bis zu 15% Lösemittel in Naturlacken enthalten sind und fünf Scheiben Jagdwurst mehr Fett haben als zwei Scheiben Butterkäse (Fangfrage!). Damit verdiene ich mir einen Apfel und einen Holzfarbstift. Was für ein Morgen!

Und jetzt sehe ich auch, als wär' ich vorher blind gewesen: überall auf den zwei Tapeziertischen im großen Zelt liegen ja Bücher über und über! Über Holzschutz und Lacklösemittel, Rauchen und Blutdruck, Wurst und Käse und ich weiß nicht was noch alles.

Und schon packt sie mich, eine nie gekannte Bücherlust, und berauscht besuche ich die kleine Messe in der Unteren Rathaushalle, wo Bremer Verlage und Buchhandlungen wie Mauerblümchen blühen. Sind aber zum Pflücken. Ach, Bücher über Bücher auch hier: hohe und tiefe, harte und weiche, kleine und große, schmale und dicke, ohne Bilder und mit Bildern; auch ganz leere, aber das ist irgendwie Briefpapier, und dazwischen Bremensien in Totschlagewerken und das große VW-GTI-Buch und Straßenkarten und Seemannsknoten und Aroma-Lämpchen und Mandalas und vielleicht auch ein oder zwei Chakras, wenn ich wüßte, was das wäre. Aber klingt gut, nicht, und wird schon irgendwie passen, da bin ich sicher, irgendwie paßt ja alles, die Dame am Esoterik-Buchhandlungstisch gleich hinter'm Eingang hat jedenfalls viel davon gesprochen und warum auch nicht: Ist ja schlimm genug, daß kaum jemand mehr liest — soll man da unter den wenigen, die sogar noch Bücher machen bzw. mutig verkaufen, etwa auswählen? Wer weiß, wie lange wir hier in Bremen überhaupt noch Bücher kaufen können? Nachher ist einer beleidigt und schließt zur Strafe seinen Laden! Und dann könnten ja noch weniger zu den Büchern zurückfinden bzw. zum Lesen! Was für eine Schande! claks