Zugfahren wird schneller und teurer

■ Bundesbahn stellte neuen „Jahrhundertfahrplan“ vor / Neue ICE-Züge und Regionalverkehr im Stundentakt

Schneller und teurer werden die Zugverbindungen, wenn das neue, von der Bahn als „Jahrhundertfahrplan“ gefeierte, Kursbuch in der Nacht zum 2. Juni in Kraft tritt. Durch die Eröffnung aller in den vergangenen Jahren mit Milliardenaufwand gebauten Schnellstrecken zwischen Hannover und Frankfurt und zwischen Mannheim und Stuttgart verringert sich die Fahrzeit von Bremen nach Stuttgart zum Beispiel von bisher sechseinhalb auf knapp fünf Stunden. Auch München wird wegen eines besseren Anschlusses in Hannover künftig rund eine Stunde schneller in weniger als sechs Stunden erreicht. Nach Kassel braucht der Zug von Bremen künftig sogar nur noch knapp zwei Stunden, eineinhalb Stunden weniger als bisher.

Gleichzeitig wird das Zugfahren jedoch erheblich teurer — und zwar vor allem für WochenendfahrerInnen: Der „Super-Sparpreis“ kostet ab 2. Juni nicht nur 140 statt bisher 130 Mark, sondern darf vor allem an Freitagen, Sonntagen und zu Ferienbeginn und -ende nicht mehr benutzt werden.

Der Sparpreis, mit dem die Fahrt auch am Wochenende erlaubt ist, kostet zwar auch künftig unabhängig von der Entfernung 190 Mark für die erste und 95 Mark für jede weitere Person, allerdings nur dann, wenn die neuen, besonders schnellen ICE- Züge nicht benutzt werden. Will man jedoch die kürzeren Fahrzeiten auf den Schnellstrecken ausnutzen, müssen 220 Mark für Hin- und Rückfahrt im ICE berappt werden.

Noch komplizierter ist das neue Tarifsystem der Bahn für den Fall, daß weder Sparpreis noch Supersparpreis benutzt werden. In einer Tabelle der „ICE- Relationspreise“ führt das neue Kursbuch die Zuschläge auf, die je nach Fahrtstrecke zusätzlich zur normalen Fahrkarte in den neuen schnellen Zügen erhoben werden: zwischen Hannover und Stuttgart beispielsweise 24 Mark, für die längere Strecke von Hannover über Stuttgart bis München jedoch nur vier Mark.

„Wir orientieren uns mit unseren Fahrpreisen an der Konkurrenz in der Luft“, begründete der Referent für Personenverkehr bei der Bundesbahn in Bremen, Joachim Adomeit, gestern bei der Vorstellung des neuen Kursbuches das undurchsichtige Tarifsystem. Schließlich sei die Bahn zwischen Frankfurt und Stuttgart mit 82 Minuten künftig deutlich schneller als die Lufthansa — und das Bahnticket entsprechend teurer. Zwischen Hamburg und München habe dagegen das Flugzeug noch die Nase vorn, der Bahnpreis müsse folglich günstiger ausfallen.

In einigen Jahren sollen die Bahnpreise auch noch je nach Wochentag und Tageszeit differenziert werden. Eine Fahrkarte wird dann am Freitag abend erheblich mehr kosten als zum Beispiel am Dienstag mittag.

Intercity nach Rostock

Neben den Schnellstrecken in Nord-Süd-Richtung hat die Bahn mit dem neuen Kursbuch, das ab sofort immer ein ganzes Jahr lang gültig ist, auch den Ost-West- Verkehr erheblich ausgeweitet und beschleunigt. So fahren künftig täglich vier IC-Paare zwischen Hamburg und Berlin. Zwischen Berlin und Braunschweig verkehren die IC-Züge sogar im Stundentakt.

Auch zwischen Bremen und seiner Partnerstadt Rostock gibt es ab 2. Juni neben drei D-Zügen täglich auch noch einen durchgehenden Intercity, der um 9:05 Uhr in Bremen abfährt und um 12:47 Uhr Rostock erreicht. Im Sommer wird er sogar bis nach Binz auf Rügen verlängert.

Mehr Züge wird es auch im Regionalverkehr zwischen Ems und Elbe geben. Bis auf wenige Ausnahmen fahren sie künftig im Stundentakt auf allen Haupt- und im Zweistundentakt auf den Nebenstrecken. Und zwischen Bremen-Hauptbahnhof und Vegesack wird ab 2. Juni die „City- Bahn“ im Halbstundentakt mit frisch renovierten Großraumwaggons fahren.

Einen deutlichen Nachteil hat der neue „Jahrhundertfahrplan“ nur für Bremerhaven und Oldenburg. Wer künftig von dort per Bahn nach Hamburg will, braucht künftig 40 Minuten länger. Denn in Bremen wird der IC-Anschluß nach Hamburg um genau sechs Minuten verpaßt. Dirk Asendorpf