»Wir sind hier völlig fehl am Platz«

■ Projekte aus Ost- und West-Berlin trafen sich zum Plenum gegen bevorstehende Kürzungen

Rathaus Schöneberg. Kaum wurde der Nachtragshaushalt für das laufende Jahr vorgelegt, machen die sozialen Projekte der Stadt auch schon wieder mobil: Obwohl noch immer ohne konkrete Zahlen in der Hand, traf sich das Plenum gegen Kürzungen vorgestern abend im Rathaus Schöneberg, um weitere Strategien zu diskutieren.

»Bei einer allerersten Analyse zeigt sich, daß es im Westteil wohl keine großartigen Veränderungen geben wird. Im Osten allerdings scheinen für den Aufbau eines sozialen Netzes kaum Mittel bereit gestellt zu werden«, erläuterte AL-Fraktionsmitglied Gerd Büttner seinen ersten Blick in den Nachtragshaushalt- Wälzer.

Dennoch drehte sich die Diskussion im wesentlichen um Weststrategien, bei den folgenden Haushaltsberatungen noch die eine oder andere Mark herauszuholen. Denn Kürzungen wird es auch im Westen geben, über das Wo und Wieviel wird erst in der kommenden Woche in den Senatsverwaltungen diskutiert. Die paar anwesenden Ostprojekte waren wenig begeistert vom Verlauf der Diskussion. »Ich fühle mich völlig fehl am Platze hier«, kommentierte Dagmar Rutz vom Arbeitslosenverband aus Pankow ihr vorzeitiges Verlassen des Plenums. »Wir können nicht über Kürzungen reden, weil wir bisher noch gar kein Geld haben, das uns gekürzt werden kann.«

Dagmar Rutz steht seit Wochen mit zwei Kollegen in der Pankower Schulzestraße und renoviert die zukünftige Beratungsstelle für Arbeitslose. »Bisher haben wir einen Anschub vom Verband erhalten. Beim Senat haben wir 1.530 Mark monatlich beantragt — bisher ohne Zusage.« Ein eigenes Plenum der Projekte gibt es im Ostteil nicht, die Hoffnung auf die Unterstützung durch die westlichen Kollegen nimmt rapide ab. »Ich hätte auch gedacht, daß wir hier einmal gefragt werden. Wir Ossis schreien halt nicht so laut, um uns durchzusetzen. Irgendwie haben wir immer wieder das Gefühl, nicht ernstgenommen zu werden«, beklagt Rutz das mangelnde Interesse.

Zurück blieben betroffene Westvertreter. Dann begann die Diskussion über den weiteren Umgang mit den Ostprojekten doch noch. Von »konkreter Hilfeleistung« war da die Rede sowie von mehr notwendiger Zusammenarbeit, aber auch von dem Wunsch, »das Kürzungsplenum nicht noch weiter auszuweiten und mit neuen Problemen zu belasten«. Konkret wurde geplant, das nächste Treffen am 29. Juni im Haus der Demokratie unter Ostleitung zu veranstalten und sich um eine verstärkte Teilnahme der Ostvertreter zu bemühen. Jeanette Goddar