Standbild: Mit Wattebausch und Weichspüler

■ "Holgers Waschsalon", Mittwoch, 21.45 Uhr, Hessen 3

Seit Februar hat der gelernte Theologe und smart-sympathische „Hessenschau“-Sprecher Holger Weinert seine eigene Personality- Show. Holgers Waschsalon ist eine stinknormale Unterhaltungs-Show, mit Gästen, Musik, Moderation und „Konzept“. Den Chefetagen des „Rotfunks“ graut es daher vor der „Tutti-Fruttisierung“ des HR, einerseits. Andererseits geht es ja nicht ganz ohne Zuschauer. Der „Massengeschmack“ ist seit dem Auftreten der privaten Konkurrenz und der damit einhergehenden Fragmentierung des Programms nicht mehr zu treffen. „Polarisierung“ lautet das vermeintliche Zauberwort von Waschsalon-Macher und Unterhaltungschef Filser (Dingsda“). Nur was frenetisch bejubelt oder in Bausch und Bogen verdammt wird, hat medientechnisch eine Chance.

Entsprechend provozieren sollte auch das Konzept des rosaroten Waschsalons, in dem „schmutzige Wäsche“ von Politikern und Prominenten in anfuturisiertem Design „gewaschen“ wird. Die Redewendung, die den formgebenden Aufhänger bilden soll, gerät dabei nicht selten zum peinlich überstrapazierten Notnagel, der das ganze Ding gerade noch vor dem Auseinanderbrechen rettet. In einer der ersten Sendungen etwa wurde dem brutalen Frankfurter Immobilien-Hai Dauth von einer preisgekrönten Friseuse „der Kopf gewaschen“, während Holger ihm Fragen stellte. Log der Semi-Kriminelle zu sehr, so durfte ein Rechtsanwalt mit der Tröte unterbrechen. Eine menschlich, allzu menschlich-telegene Idee, die dem Gangster den unverdienten Mitleidsbonus in die Hände spielte.

Damit kommt man abgebrühten Medienprofis wie Un-Weltminister Töpfer nicht bei. An den Lügendetektor angeschlossen, konnte der in der letzten Sendung unter Holgers Wattebausch-Fragenbombardement sogar noch mit seinem Sexlife brillieren. Vor ein paar Tagen hatte ihn Fischer während der AKW-„Todeszonen“-Diskussion argumentativ noch kräftig unter Reaktordampf-Druck gesetzt und knallhart der Lüge bezichtigt. Da wäre ein Lügendetektor von Nöten gewesen.

Obwohl schon origineller als die meisten anderen U-Shows, kommt der Waschsalon einfach nicht über die Vorwäsche hinaus. Mätzchen, wie den Bonmot-Hospitalisten Reich-Ranicki ein Orchester dirigieren zu lassen, sind ineffizient wie 30-Grad-Wäsche bei Fettflecken. Auch Lotti Hubers leicht seniler pseudo-dirty-talk mit Prominenten hinter der Trennwand ist nicht aufregender als Klementines 60 Grad im Hauptwaschgang.

Mit seiner ungespielt lockeren Art versucht Holger eine Gratwanderung zwischen Höflichkeit und Provokation, zwischen Waschmittelvertreter und Wadenbeißer. Wolfram Schüttes Anschuldigung, „Selbst- und Menschenverachtung als Mediengaudi“ zu betreiben, hat offenbar die letzten Tenside ausgefiltert. Holger ist schon eine Entdeckung. Aber er hat etwas Besseres verdient. Vielleicht sollte er seiner Wäsche die Kugel geben! Manfred Riepe