Kinkel: Rechtsanwälte sollen überprüft werden

Berlin (taz) — Nach Richtern und Staatsanwälten sollen nun auch die Rechtsanwälte aus der alten DDR auf eine mögliche Stasi-Vergangenheit hin durchleuchtet werden. Das forderte gestern Bundesjustizminister Klaus Kinkel (FDP) beim 46. Anwaltstag in Düsseldorf. Er warnte davor, daß die Anwaltschaft in den neuen Bundesländern zum „Auffangbecken für Stasi-Offiziere und gnadenlose Richter und Staatsanwälte“ wird. Für eine generelle Überprüfung der 600 Juristen aus der Ex-DDR fehle zwar eine Rechtsgrundlage, aber die Zulassung als Rechtsanwalt könne zurückgezogen werden, falls nachträglich eine Verstrickung mit der Staatssicherheit bekannt werde. Anhand der Stasi-Akten sollte überprüft werden, wer als Rechtsanwalt hauptamtlich oder inoffiziell für die Stasi tätig war. Die sächsische Staatsregierung hat unterdessen die von allen Bundestagsfraktionen (mit Ausnahme der PDS) beschlossenen Grundsätze für ein Stasi-Akten-Gesetz als unzureichend kritisiert. Die vorgesehene Organisationsform einer zentralen Bundesbehörde lasse „die Interessen der neuen Bundesländer weithin unberücksichtigt“.

Der sächsische Justizminister Steffen Heitmann nannte den vorgesehenen Beirat zur Unterstützung des Sonderbeauftragten Jochen Gauck ein „Feigenblatt“, dessen Aufgaben und Kompetenzen völlig unbestimmt seien. Heitmann forderte eine „substantielle“ Beteiligung der Länder. Er erneuerte seinen Vorschlag, die Behörde des Sonderbeauftragten als Anstalt des öffentlichen Rechts mit einem von den neuen Ländern bestimmten Verwaltungsrat zu organisieren. Eine zentrale Behörde lehnte gestern auch die SPD- Fraktion im Potsdamer Landtag ab.

Massive Kritik am Umgang mit dem Stasi-Erbe äußerte auch der stellvertretende CSU-Vorsitzende Jürgen Warnke. Er nannte die Beschäftigung von 1.000 ehemaligen Stasi-Mitarbeitern als Paßkontrolleure an den Grenzen zur Tschechoslowakei und Polen eine „unerträgliche Provokation“ der Bevölkerung in den neuen Bundesländern. Es sei „politisch instinktlos“, wenn wie geplant die ehemaligen Stasi-Mitarbeiter nun auch noch in ein Beamtenverhältnis auf Probe übernommen werden sollten. Warnke forderte die sofortige Entlassung der „Stasi-Grenzer“. wg