: Grünes Licht für Krauses Planungsraser
■ Kabinett billigt Krause Beschleunigungsgesetz mit minimalen Abstrichen/ Töpfer und das Umweltbundesamt abgebügelt/ Erster Spatenstich für „Maßnahme“-Autobahnen noch 1991
Berlin (afp/taz) — Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den Entwurf eines Beschleunigungsgesetzes für den Verkehrswegeausbau in Ostdeutschland verabschiedet. Bundesverkehrsminister Günther Krause (CDU) wiederholte seine Auffassung, nur so könnten die Planungszeiten für neue Autobahnen, Eisenbahnlinien und Kanäle von derzeit zehn bis 15 Jahren auf drei bis fünf Jahre verkürzt werden.
Das neue Gesetz soll nicht nur für alle Verkehrswege in Ostdeutschland gelten, sondern auch für die Verbindungen zwischen den neuen Ländern und den westdeutschen Wirtschaftszentren, betonte Krause. Krause setze sich dabei über seinen Kabinettskollegen Töpfer hinweg. Das Umweltministerium hatte noch zu Wochenbeginn argumentiert, das Beschleunigungsgesetz solle nur für 17 Vorrangprojekte in der ehemaligen DDR gelten. Die Ministerrunde beschloß am Mittwoch eine Befristung der Ausnahmerechte zunächst bis 1995. Krause hatte Planungsfreiheit bis 1999 gefordert. In jedem Fall will er Mitte der neunziger Jahre mit den Erfahrungen des Beschleunigungsgesetzes das gesamtdeutsche Planungsrecht neu ordnen.
SPD und Bündnis 90/Grüne kritisierten das Beschleunigungsgesetz, weil es die Beteiligung der Öffentlichkeit und den Umweltschutz einschränke. Das Raumordnungsverfahren samt Bürgerbeteiligung und Umweltverträglichkeitsprüfung werde zu Gunsten von Ausnahmerechten des Bundesverkehrsministers geopfert, so der verkehrspolitische Sprecher der SPD. Die Beteiligung der Öffentlichkeit werde erheblich eingeschränkt. Bei Änderung bestehender Verkehrswege und Flughäfen sei sogar überhaupt kein Erörterungstermin mehr vorgesehen. Das bedeute im Klartext, daß Bauvorhaben von der Größe und Bedeutung der Frankfurter Startbahn künftig an den betroffenen BürgerInnen vorbei umgesetzt würden.
Die Bundesregierung habe mit dem Beschleunigungsgesetz den Umweltschutz zum westliche Privileg gemacht, kritisierte Klaus-Dieter Feige vom Bündnis 90/Grüne. Die brachliegende Infrastruktur der neuen Ländern werde zum Anlaß genommen, um gerade erst erworbenen Beteiligungsrechte von BürgerInnen und Kommunen „abzuwürgen“. Die Bundesregierung knüpfe so „nahtlos an die SED- und Blockparteizentralisten an“. Auch das Umweltbundesamt warnte, daß raumordnerische und umweltpolitische Zielsetzungen nicht angemessen berücksichtigt werden.
Der erste Spatenstich bei einigen der 17 für spezielle Maßnahmegesetze vorgesehenen Verkehrsprojekten soll schon diesem Jahr erfolgen. Begonnen werden soll vor allem mit der Eisenbahnverbindung zwischen Berlin und Hannover und den Autobahnen zwischen Lübeck-Stettin und Halle-Magdeburg. ten
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen