Sterilisation — Fruchtbarkeit

■ Ein Gespräch auch über Sexualität mit Profamilia Mitarbeiter Thomas Jürgens

taz: Als Profamilia die ambulante Sterilisation von Männern angeboten hat, wurde damit ein Zeichen gesetzt. Denn in der Regel sind es die Frauen, die auch für diese Form der Verhütung zuständig sind. Warum habt ihr euch zu diesem Angebot für Frauen entschlossen?

Thomas Jürgens:Auch heute noch lassen sich drei- bis viermal soviele Frauen sterilisieren wie Männer. Wir haben immer wieder Anfragen von Frauen bekommen, die einen anderen Weg als den üblichen über das Krankenhaus suchen.

Frauen erleben immer wieder, daß Ärzte mit ihrem Können umgehen wie mit einer Gnade, die sie gewähren oder aber verweigern, zum Beispiel wenn eine Frau noch jünger und kinderlos ist. Diesen Druck wollen wir nehmen. Frauen sollen sich frei für diese Art der Empfängnisverhütung entscheiden können.

Werden dadurch nicht die Gewichte in der Diskussion, wer sich denn nun sterilisieren lassen soll, wieder zugunsten des Mannes verschoben, weil der dann sagen kann: bitte, bei dir ist der Eingriff auch nicht mehr so belastend wie früher, also kannst du auch gehen?

Das ist in einer Partnerschaft immer Verhandlungssache. Belastend ist das immer dann, wenn die Entscheidung unter Druck stattfindet, wenn Schuldgefühle oder schlechtes Gewissen eine Rolle spielen, weil die Frau zum Beispiel ungewollt schwanger geworden ist.

Nun hat eine Sterilisation ja nicht nur eine medizinische Seite, sondern auch eine psychologische: durch die Verbindung zwischen Sexualität und Fruchtbarkeit entsteht Angst vor dem Verlust der Männlichkeit oder Weiblichkeit.

Ja, vor allem Männern entwickeln enorme Ängste, was ihren Schwanz angeht. Da scheint die Gewißheit, eine Frau schwängern zu können, eine große Rolle zu spielen.

Auch Frauen verbinden, zumindestens unbewußt, Fruchtbarkeit mit sexueller Attraktivität. Obwohl ich den Eindruck habe, daß die Frauen, die mit einem Sterilisationswunsch zu uns kommen, ein sehr selbstbewußtes Verhältnis zu ihrem Körper und ihrer Sexualität haben.

Ich denke aber, daß sich bei uns auch weiterhin hauptsächlich Männer sterilisieren lassen. Das ist sicher ein Thema, mit dem wir auch in die öffentliche Diskussion gehen sollten. Fragen: Annemarie Struß-von Poellnitz