Wind in de Seils

■ Wie man ein Ernst-Waldau-Theater für alle Welt wird / Die neue Spielzeit in Walle

Das Ernst-Waldau-Theater, immer ein wenig von Flaute bedroht, hat sich vorgenommen, nunmehr kräftig in die Segel zu pusten. In der neuen Spielzeit will es sowas wie eine Vergnügungszentrale werden: mit renovierten Räumen, neuem Allzweck-Spielplan und, vor allem, richtiger Ausgeh-Gastronomie im Hause.

Ingrid Waldau-Andersen, die Leiterin, spekuliert dabei auf den Erlebnisverbraucher neuen Typs, der gern, vor Genuß des Theaters, zu Abend speist und hinterher noch weitertrinken mag in festlich gestimmter Gesellschaft, worunter man womöglich die Schauspieler mischen kann. Das Haus jetzt also unter neuer gastronomischer Leitung und einem Dach.

Auf daß in die Riesenbude (drei Säle mit Platz für 1.200 Leute! ) mehr Leben komme, soll der Gastspielbetrieb erweitert werden. Allein die Shakespeare-Dissidenten Engelsmann, Kaempfe und Blum, genannt TAB, werden über zwanzig mal in der Waller Heerstraße vorstellig werden. Aber auch Betriebe und Vereine will man locken: die dürfen Treffen aller Art in einem der großen Räume im Obergeschoß inszenieren. Die Nachfrage, heißt es, sei groß.

Allerdings geht das bislang nur, wenn unten kein Theater ist. Die Decke ist zu dünn, und jedes Stühlerücken stört. Deshalb will man nächstes Jahr noch mal umbauen im großen Stil: neue Decke, Doppelglasfenster und so, alles in allem ein Milliönchen teuer, alles bereits beantragt bei der Stiftung „Wohnliche Stadt“.

Noch weiträumiger als das Gehäuse ist der Begriff vom Theater: die nächste Spielzeit hat wieder einfach alles. Ein Musical (“No, no, Nanette“, ab 27.9.). Ein schwerwiegendes Stück auf Niederdeutsch (Hauptmanns „Rose Bernd“, ab 25.10.). Ein Familienkomödchen (“Viola“, ab 10.1.92). Ein alltagskriminologisches Sozialdrama (“Wind in de Seils“ von Alma Rogge, ab 31.1.92). Und Schwänke und Possen, mit Musik, ohne Musik. Das Studiotheater inklusive, wo jetzt, mangels Akzeptanz von Achternbusch undsoweiter, wieder gängigere Sachen stattfinden, z.B. Woody Allen (“Spiel's nochmal, Sam“).

Auf der Teststrecke befindet sich noch das neue Mobile Kindertheater (MoKi), geplant für den ambulanten Einsatz in Kindergärten und Schulen. Ein rollender Berg sozusagen, der die Nachwuchs-Propheten aufsucht, wo immer sie hocken.

schak