Ärger mit der insektoiden Öko-Polizei

■ Zum Ameisen-Thriller „Phase IV“ von Saul Bass, Samstag, ARD, 23.45 Uhr

Der Amerikaner Saul Bass ist Filmtitel-Designer. Berühmt wurde er durch seine mit Realaufnahmen kombinierten Grafikmuster aus den Vorspannen zu Hitchcocks Vertigo und Der unsichtbare Dritte. Phase IV (1974) ist sein Regiedebüt.

Der Öko-Mystery-Thriller um den insektoiden Putsch setzt sich vorwiegend aus der Wirkung visueller Effekte zusammen. Beeindruckend sind die sorgfältig fotografierten Mikroaufnahmen. Die Ameisen werden nicht einfach starr abgelichtet. Minutenlang folgen wir den geschäftigen Arbeitstieren durch verzweigte unterirdische Gänge. In der Großaufnahme sehen die facettenäugigen Formiculas um einiges ekliger und gruseliger aus als ihre großen Pappmaché-Brüder aus der Filmwerkstatt des Tricktechnik-Regisseurs Jack Arnold.

Aus der Eindringlichkeit dieser Aufnahmen zieht der Film seine Suspense. In der Wüste von Arizona stellen Ameisenvölker ihre gegenseitigen Kriege ein. Die rasende Vermehrung geht mit der drastischen Dezimierung ihrer natürlichen Feinde einher. Auch Menschen müssen dem Milliarden-Gekrabbel weichen.

Der Biologe Hubbs (Nigel Davenport) hat eine 70er-Jahre-Mondbasis Alpha1 in der Wüste installiert. Interessant zu beobachten, wie für „damalige“ Zeiten hypermodernes wissenschaftliches Gerät nach kaum 15 Jahren wie Woolworth-Nähmaschinen ausschaut. Zusammen mit dem Kommunikationswissenschaftler Lesko (Michael Murphy), der durch eine bahnbrechende Studie über „emotionsgestörte Killerwale“ hervorgetreten ist, will er das Verhalten der gefräßigen Krabbeltiere erforschen. Weil das Budget natürlich notorisch knapp ist und die Geldgeber auf Ergebnisse hindrängen, mäht Hubbs eins dieser turmartigen Gebilde nieder, die die Ameisen errichten. Das hätte er nicht tun sollen.

Den ersten Angriff der Ameisen kann Hubbs noch durch den umstrittenen Einsatz von C-Waffen zurückschlagen (Phase II). Kaltschnäuzig übergeht er, daß während der Aktion zwei Flüchtende auf der Strecke bleiben. Interessanter findet er, daß die Ameisen auf intelligente Weise den Stromgenerator lahmgelegt haben. Als die Sechsfüßer sich auch noch gegen die Chemie immunisieren und darüber hinaus die Station belagern, rastet der Biologe aus.

Nach der John-Wayne-Durchhalte-Parole will Hubbs erst einmal ein paar Milliarden Ameisen grillen, um denen zu zeigen, wer in diesem meta- humanistischen Modellversuch für ökologische Selbstregulation hier der Stärkere ist. Das Embargo der Ameisen erweist sich jedoch als äußerst wirksam. Lesko indes findet — gemäß Phase III — einen Weg, mit den Tierchen zu kommunizieren. Das Verhandlungsangebot der Insekten ist eindeutig. Die wollen nur den Kopf des schießwütigen Kriegstreibers. Lesko und die einzige Überlebende, Kendra (Lynne Frederick), können gemäß Phase IV kopulieren bis in alle Ewigkeit; solange sie sich anständig benehmen auf diesem unserem Planeten, nicht wieder in den Wahn des Anthropozentrismus verfallen und vor allem nicht überall ihren Giftmüll herumliegen lassen... Manfred Riepe