Ägyptische Truppen am Golf marschieren heim

Unstimmigkeiten zwischen der Kairoer Regierung und den Staaten am Golf über künftige Sicherheitsordnung im Nahen Osten  ■ Aus Kairo Karim El-Gawhary

Im Gegensatz zum Abzug amerikanischer Truppen aus dem Südirak, der vor zwei Tagen abgeschlossen wurde, findet eine andere Rückzugsankündigung kaum Beachtung. Der ägyptische Präsident Hosni Mubarak hatte am Mittwoch in einer außerordentlichen Erklärung den Rückzug ägyptischer Truppen aus Kuwait und aus Saudi-Arabien angekündigt. Die Heimreise der ägyptischen Truppen sollte am Donnerstag beginnen und und spätestens in drei Monaten beendet sein. 35.000 ägyptische Soldaten waren auf Beschluß des arabischen Gipfels in Kairo am 10. August vergangenen Jahres nach der Invasion Kuwaits entsandt worden. „Sie haben ihre Funktion verloren“, begründet Mubarak den Schritt.

Doch hinter den Kulissen wird offen von Unstimmigkeiten zwischen Kairo und den Golfstaaten über die Form einer neuen Sicherheitsordnung am Golf gesprochen. Bei seiner letzten Reise nach Kuwait und Saudi- Arabien sprach der amerikanische Außenminister Cheney von der Möglichkeit, daß amerikanische Truppen auch länger am Golf bleiben könnten. In diplomatischen Kreisen ist ohnehin schon seit längerem bekannt, daß Kuwait britische und amerikanische Truppen den ägyptischen Soldaten vorziehen würde. So mußte es Kairo äußerst verdächtig erscheinen, daß weder Saudi-Arabien noch Kuwait die Ägypter zum weiteren Aufenthalt eingeladen haben.

In der kurz nach Ende des Krieges von Ägypten, Syrien und den Golfstaaten unterzeichneten „Damaskus- Deklaration“ wurden noch ganz andere Töne angeschlagen. Dort war von einer zukünftigen arabischen Sicherheitsordnung die Rede. Ägyptische und syrische Truppen sollten auf Dauer am Golf stationiert werden und die Sicherheit der Region garantieren. Im Gegenzug sollten die Golfstaaten die notwendigen finanziellen Mittel dafür zur Verfügung stellen. Ein solches Abkommen schien auch für die Golfstaaten vorteilhaft. Sie hatten vor der Krise bis zu 30 Prozent ihres Sozialprodukts für Verteidigung ausgegeben. „Daran haben nur die Rüstungsfirmen verdient, Kuwait konnte mit den eingekauften Waffen ganz offensichtlich nicht verteidigt werden“, schreibt der ägyptische Politologe Ali Dessouqi.

Die Kairoer Regierung hatte nie einen Hehl daraus gemacht, daß nach ihren Vorstellungen eine neue Sicherheitsordnung in der Region rein in arabischen Händen liegen müsse. Ein Thema, das sicherlich auch in einem für die nächsten Tage anberaumten ägyptisch-syrischen Gipfeltreffen zur Sprache kommen wird. Bei einer Konferenz der Außenminister der arabischen Staaten, nächsten Donnerstag in Kairo, erwartet die libanesische Zeitung 'Al-Hayat‘, daß sich die Unterzeichner der „Damaskus-Deklaration“ am Rande treffen werden. Wichtigster Punkt: die Sicherheitsordnung am Golf.

Die kuwaitisch-ägyptischen Beziehungen waren ohnehin nicht mehr besonders enthusiastisch. Die ägyptische Wirtschaft war enttäuscht, daß britische und amerikanische Firmen den Löwenanteil der Aufträge zum Wiederaufbau Kuwaits erhielten. Nun scheint sich in punkto Sicherheit etwas Ähnliches abzuspielen. „Es ist unrealistisch zu glauben, daß die große Anti-Irak-Allianz ewig hält, und das sind die ersten Zeichen, daß es bröckelt“, analysiert der in Kairo lebende libanesische Politologe Salim Nasr den Rückzugsbeschluß. Die Sicherheitsfrage am Golf ist wohl nicht so einfach zu lösen, wie es sich die Unterzeichner der „Damaskus-Deklaration“ vorgestellt hatten.