Wittenberge: Deutsche provozierten Namibier

■ Brandenburgs Ausländerbeauftragte: Überfall auf Afrikaner-Wohnheim war „gut organisierter Racheakt“

Potsdam (adn) — Polizeiliche Ermittlungen zu den Übergriffen auf namibische Lehrlinge in Wittenberge am vergangenen Wochenende haben ergeben, daß die deutschen Jugendlichen den Anfang machten. Wie die brandenburgische Ausländerbauftragte Almuth Berger gestern der Presse mitteilte, wurden zwei Namibier von der Theke einer Diskothek gedrängt, angerempelt und in eine Hofecke des Gebäudes getrieben, wo einer der beiden „in Notwehr“ ein Messer zog und drei Deutsche verletzte.

Was dann folgte, bezeichnete Frau Berger als einen „wohlüberlegten und gut organisierten Racheakt“. Fast 40 Jugendliche seien mit Autos vor dem Wohnheim der Afrikaner aufgetaucht, hätten die Türen eingetreten, das Mobiliar vollkommen zerschlagen und die fünf oder sechs Wohnungsinsassen mit Schlägstöcken, Messern und Gaspistolen auf den Balkon gedrängt. Zwei Namibier stürzten aus dem 4. Stockwerk ab und befinden sich in einem Magdeburger Krankenhaus. Für einen von ihnen werden dauernde Schäden nicht ausgeschlossen. Offenbar haben zahlreiche deutsche Hausbewohner die Ausschreitungen beobachtet. Die Polizei hat bislang nur eine einzige Zeugenaussage. Sie sei mit drei Nachtdienstbeamten „schlecht informiert und total überfordert“ gewesen, sagte Frau Berger. Im Wohnheim war kein Betreuer und kein Telefon. Die Polizei befürchte weitere Ausschreitungen, könne den Ausländern aber keinen dauerhaften Polizeischutz stellen, sagte sie. Der Polizeistaat könne das Problem ohnehin nicht lösen. Die angespannte soziale Lage in Wittenberge sehe sie als günstigen Nährboden für den Rechtsradikalismus, dessen „Verbindungen in den Westen auf der Hand liegen“.