Annäherung mit sanften Pressionen

Bessmertnych in Israel/ Bislang keine Wiederaufnahme voller diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und der UdSSR/ Auswanderungspolitik gegenüber sowjetischen Juden wird nicht verändert  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Gestern traf der sowjetische Außenminister Alexander Bessmertnych in Jerusalem mit der israelischen Führung zusammen, um den Plan einer regionalen Nahost-Friedenskonferenz zu erörtern. Er ist der erste sowjetische Außenminister, der Israel seit der Staatsgründung 1948 besucht. Israel und die UdSSR hatten ihre diplomatischen Beziehungen 1967 abgebrochen.

Alexander Bessmertnychs kurzer Besuch in Israel ist ein wichtiger Schritt zur Normalisierung des israelisch-sowjetischen Verhältnisses, auch wenn es während dieses ersten Besuchs noch nicht zur Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen gekommen ist. In Jerusalem hat man den Besuch als „historisches Ereignis“ begrüßt.

Die Erklärungen, die Bessmertnych während der ersten Stationen seiner Nahostreise in Damaskus und Amman abgab, haben allerdings den Ärger der israelischen Regierung erregt: Der sowjetische Außenminister hatte gegenüber seinen arabischen Gesprächspartnern Verständnis für die palästinensisch-arabische Position geäußert. Hervorgehoben wurden in Jerusalem vor allem die Erklärungen von Bessmertnych in Amman, die als „Sanktionsdrohung“ aufgefaßt werden und auf die Möglichkeit einer Auswanderungsbeschränkung für sowjetische Juden nach Israel hinweisen, falls Israel seine Siedlungspolitik in der Westbank und im Gaza-Streifen fortsetzt. Bauminister Ariel Scharon erklärte, es dürfe keinerlei Verbindung zwischen Einwanderung und Siedlungspolitik geben.

Andererseits wurde in Jerusalem mit Genugtuung vermerkt, daß die beiden Sponsoren einer zukünftigen Konferenz — USA und UdSSR — offensichtlich nicht auf der gleichen Wellenlänge senden: Ein von der israelischen Regierung gefürchtetes gemeinsames Vorgehen der beiden Supermächte bei dem geplanten Schlichtungsverfahren wäre damit, so hofft man in Jerusalem, blockiert.

In seinem Gespräch mit dem israelischen Außenminister Levy sagte Bessmertnych lediglich die baldige Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Israel zu. Meinungsverschiedenheiten hat es über die Art der geplanten Nahost- Konferenz gegeben. Während Levy die Notwendigkeit direkter Verhandlungen mit den arabischen Regierungen betonte, legte Bessmertnych weitaus mehr Gewicht auf die Kooperation zwischen den Sponsoren während der Vorbereitung der Konferenz und auf die Bedeutung einer Teilnahme der Vereinten Nationen und der Europäischen Gemeinschaft. Israel lehnt eine Beteiligung der UNO nach wie vor strikt ab. Im Gegensatz zur israelischen Regierung bevorzugt man in Moskau außerdem eine „Konferenz von Dauer“, das heißt als permanent tagendes Gremium, das an den Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien beteiligt ist.

Die Auswanderungspolitik der UdSSR soll wie bisher fortgeführt werden, versprach Bessmertnych. Israelischen Quellen zufolge wurden das palästinensische Problem und die besetzten Gebiete in den Gesprächen mit Levy nicht erwähnt. Der Dialog zwischen den Außenministern soll ab jetzt laufend weitergeführt werden, und in diesem Rahmen sollen auch die noch offenen Fragen gelöst werden.

Falls es zu einer Nahost-Konferenz kommen sollte, wird Moskau volle diplomatische Beziehungen zu Israel aufnehmen. Die Verzögerung dieses Schrittes seitens der UdSSR ist darauf zurückzuführen, daß Moskau Druck auf Israel ausüben möchte, um Schamirs Bedingungen für Art und Rahmen der Konferenz zu beeinflussen. Die UdSSR hat, abgesehen von der Auswanderungspolitik, keine weiteren Hebel, um die Jerusalemer Regierung unter Druck zu setzen. Washington und Moskau sind sich grundsätzlich einig, daß die israelische Siedlungspolitik beendet werden muß. Im Gegensatz zu Außenminister Baker ist Bessmertnych nicht mit Vertretern der Palästinenser aus den besetzten Gebieten zusammengetroffen, obwohl diese ausdrücklich darum gebeten hatten. Das ursprünglich geplante Zusammentreffen mit Yassir Arafat in Amman ist ebenfalls ausgefallen.