UdSSR: Atomtestopfer fordern Entschädigung

■ Nach 30 Jahren Schweigepflicht erstmals Konferenz

Moskau (afp) — Sowjetische Soldaten und Offiziere, die in den 50er und 60er Jahren bei Atomtests eingesetzt waren, haben von der Moskauer Zentralregierung erstmals finanzielle Unterstützung gefordert. Auf einem Kongreß in Leningrad verlangten die rund 700 Veteranen der amtlichen Nachrichtenagentur 'tass‘ zufolge außerdem eine bessere medizinische Versorgung für diejenigen, die in Folge der Strahlenbelastung bei den Tests heute an schweren Krankheiten wie Leukämie und bösartigen Tumoren leiden. Die ehemaligen Mitglieder nuklearer Waffeneinheiten, die von 1949 bis 1963 überirdische Tests von Atomwaffen und Wasserstoffbomben vornehmen mußten, brachen mit diesem Kongreß das von der Regierung verordnete Schweigen. Die Soldaten hatten damals versprechen müssen, 30 Jahre lang über die Versuche und ihre möglichen Folgen Stillschweigen zu bewahren. Die sowjetischen Gesundheitsbehörden hatten in der Vergangenheit stets bestritten, daß der radioaktive Fallout der Atomversuche bei den beteiligten Soldaten Strahlenkrankheiten ausgelöst habe. „Wir wollen denen, die ihre Gesundheit für die Stärkung des sowjetischen Militärpotentials geopfert haben, zu einem ruhigen und bequemen Leben verhelfen“, erklärte der Vorsitzende des Kongresses, Wladimir Benzijanow. Durch ein Dekret solle die Regierung dafür sorgen, daß die Testopfer die gleichen Vergünstigungen erhalten wie Soldaten nach militärischen Einsätzen. Als weiteres Ziel der Veteranen bezeichnete Benzijanow die Einrichtung eines internationalen Zentrums für Soldaten, die bei Atomtests eingesetzt waren.