Ein Mutterwitz

■ RTL-plus am Muttertagabend: aufgezeichnete Leihmütter aus Worpswede

Nanu, der Heino? „Ja so eine Überraschung aber auch!!“ Frau Göbbel vom Worpsweder SOS Kinderdorf trägt ein bißchen zu stark überrascht auf; immerhin fährt Heino mit Pferd und Wagen und Kinderchor auf ihrem Mutterboden ein und wird sich doch wohl angekündigt haben. Ja - und was hat der Heino denn da noch mit im Sack? Frau Göbbel läßt vor Begeisterung die Arme hängen: Das ist ja Doppelmutter Maria Sebaldt, Mutter in echt und in Serie bei den Wicherts nebenan im ZDF!! Also so eine weitere Überraschung!! Frau Sebaldt kuckt aber auch lieb und kriegt das gute Händchen. Ja, so schön kann Fernsehen sein: gerade noch bloß beispiellos — und schwupp beispielhafte Mutter.

RTL-Plus, der Sender für brisantes Volksempfinden und olle Kamellen, hat des Muttertags gedacht und sich ins Kinder- und Künstlerdorf Worpswede aufgemacht: dahin, wo die Mutter der Erde noch Ehre macht und die Kunst auf der Scholle wohnt. Streng genommen sind Kinderdorfmütter ja unecht und geliehen, aber ohne Not und Ehemann umso edler, wahrer und besser. Und charakterfester, denn vier bis neun Kinder sind jeweils hochzuziehen aus dem Sumpf ihres jeweiligen Problemfalls. Wie symbolisch im Prinzip: war nicht auch die Ex- Wiese unter dem Dorf zuerst feucht und moorig? Und wurde dann trockengelegt, damit Hermann Gmeiner, der Kinderdorf-Erfinder, '63 den Grundstein in's Trockene legen konnte? Nachdenklich schlendern Frau Sebaldt und Frau Göbbel durch's Kinderdorf'sche Buschwerk. „Eine richtige Familie“, fällt Frau Sebaldt von ungefähr ein, „hat doch auch einen Vater?„ Tjaha, das ist zwar wohl wahr, aber traurig, weil: find' mal einen Verantwortlichen! Die Dorf-Mütter sind nach Frau Sebaldt jedenfalls „ganz moderne Frauen mit Freizeit“. Ja, sagt eine, jetzt, wo sie in Rente ist, kennt sie die Freizeit. Und reicht das etwa nicht?

Stichwort Mutter, Stichwort Heino. Der singende Albino singt sich spazierend durch ganz Worpswede (“im Frühtau; Mütterlein; Sonnenschein“), daß alle Doppelherzen hochschlagen. Ach, selbst im Barkenhoff leuchten plötzlich rrrote Rrrosen, rrrote Rrrosen. Und keine sticht. Schließlich war Paula Becker-Modersohn ja auch Mutter. Leider ist sie nach der Geburt gestorben. Macht nichts, da sind ja Heino und das nächste Lied: „Es ist nie zu spät für ein neues Leben“. Jau! claks