INTERVIEW
: Freudenhaus in Selbstverwaltung?

■ Der Bürgermeister des Bezirks Mitte, Benno Hasse von Demokratie Jetzt, spricht sich für ein kommunales Bordell aus

taz: Herr Hasse, Sie setzen sich für ein städtisch geführtes Bordell ein. Warum?

Benno Hasse: Ich habe diesen Vorschlag in einem größeren Zusammenhang geäußert, es ging um die sozialen Probleme in Mitte, die alle angegangen werden müssen. Zum Beispiel das der geschlagenen Frauen — wegen des sozialen Loches bei uns gibt es viel Streit in den Familien. Solche Frauen und ihre Kinder brauchen Häuser und Wohnungen. Jetzt haben wir in Mitte zwar schon drei leere Wohnungen für solche Frauen, aber kein Geld.

Brennt Ihnen die Prostitution wegen des Strichs in der Oranienburger Straße auf den Nägeln?

Ja. Und da Prostitution aber prinzipiell nicht zu verhindern ist, möchte ich eine Idee aufgreifen, die in süddeutschen Städten bereits verwirklicht ist: die Errichtung eines kommunal geführten Hauses für Prostituierte.

Mit Verlaub, ich kann mir nicht vorstellen, daß das bereits verwirklicht ist. Die Stadt würde sich damit nach dem Gesetz der Zuhälterei schuldig machen.

In der Tat müßte geklärt werden, ob die Stadt selbst oder ein freier Träger ein solches Haus führen kann oder darf. Die Vorteile lägen auf der Hand: Die Frauen könnten sich versichern lassen, sie könnten besteuert werden, sie könnten untereinander ein Schutzbündnis gegen Zuhälter bilden. Durch gesundheitliche Vor- und Nachsorge könnte man Gefährdungen durch Drogen und Aids präventiv angehen.

Und wer, wenn nicht die Stadt, sollte die Trägerschaft für ein solches Haus übernehmen?

Das Prostituiertenprojekt Hydra zum Beispiel, das ja schon mal ein ähnliches Modell vorgeschlagen hat.

Haben Sie mit denen schon Kontakt aufgenommen?

Dafür habe ich keine Zeit. Ich hoffe, daß die mit mir Kontakt aufnehmen.

Die Prostituierteninitiative von Leipzig hat bei den dortigen Behörden offene Ohren für folgendes Modell gefunden: Die Stadt mietet ein Haus an und vermietet die Zimmer einzeln an Frauen, um Zuhälter beiderlei Geschlechts rauszuhalten. Was halten Sie von solch einer Art selbstverwalteten Projektes?

Selbstverwaltet? Warum nicht. Das wäre auch eine Lösung.

Haben Sie schon mit hiesigen Behördenvertretern gesprochen?

Nein. Diskutiert habe ich meinen Vorschlag bisher mit Ärzten und Menschen aus dem sozialen Bereich, niemand hatte grundsätzliche Einwände. Offizielle Kontakte habe ich noch nicht aufgenommen, aber das wird kommen. Bisher wird ja über dieses Thema ein schamhafter Mantel des Schweigens gelegt. Aber man muß die Probleme sachlich und vernünftig angehen. Interview: usche