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Kritisch und sensibel-betr.: "Skins randalierten am Vatertag", "Schlepper verurteilt", taz vom 11.5.91

betr.: „Skins randalierten am Vatertag“, „Schlepper verurteilt“, taz vom 11.5.91

In der Ausgabe vom Sonnabend druckt ihr eine 'dpa‘-Meldung ab, in der von einem Anschlag auf ein Asylantenwohnheim (warum Asylant statt Flüchtling?) in Leipzig berichtet wird. Die Nachricht ist von Euch mit der Anmerkung versehen, daß 'dpa‘ derartiges ohne politischen Zusammenhang unter der Rubrik „Vermischtes“ einordnet. Sehr gut, so geht man kritisch und sensibel mit der verharmlosenden Meldungsmache von Nachrichtenagenturen um!

Aber dann setzt Ihr unmittelbar daneben eine zweite von 'dpa‘ übernommene Nachricht. Unter der Überschrift: „Schlepper verurteilt“ wird berichtet, daß ein Türke zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde, „weil er insgesamt 59 Landsleute organisiert nach Deutschland geschleust hat.“

Hättet Ihr statt von „Schlepper“ von „Fluchthelfer“ geschrieben, der 59 türkischen Flüchtlingen (oder waren es vielleicht kurdische Männer, Frauen und Kinder aus den Gebieten, wo der türkische Staat ganz offiziell die Menschenrechte aufgehoben hat?) beim Grenzübertritt geholfen hat, die Meldung hätte einen ganz anderen „touch“ bekommen. In längst vergangenen Zeiten war es übrigens selbstverständlich, von „Fluchthelfern“ zu reden, wenn DDR-Bürger bei der illegalen Ausreise aus ihrem Staat unterstützt wurden, natürlich auch bei kommerziellen Unternehmungen.

Die Bundesrepublik hat ihre Grenzen für Flüchtlinge weitestgehend dicht gemacht. Für fast alle in diesem Zusammenhang relevanten Staaten gilt die Visapflicht. In einer Vielzahl von Fällen werden Flüchtlinge illegal an den deutschen Grenzen zurückgewiesen. Die deutschen Asylgruppen können und wollen, völlig zu Recht, die Rolle von FluchthelferInnen nur in Einzelfällen übernehmen, für die oppositionellen Organisationen in den Verfolgerländern gilt das gleiche. Also: Wer als Flüchtling in die Bundesrepublik einreisen will, ist meist auf kommerzielle Fluchthelfer („Schlepper“) angewiesen, um Terror, Verfolgung, Elend und Not zu entkommen. Selbstverständlich will ich die ausbeuterischen und unmenschlichen Praktiken vieler (wohl der meisten) dieser kommerziellen Fluchthelferorganisationen nicht verharmlosen, die mit kaum zu überbietendem Zynismus ihr Geld aus dem Elend schlagen. [...]

Aber nicht dafür werden die „Schlepper“ von deutschen Gerichten bestraft. Es geht darum, die letzten Löcher in der Mauer zu vernageln, mit denen sich die Bundesrepbulik Deutschland vor Menschen abschottet, die auf ihre Hilfe angewiesen sind. In der Asyl- und Einwanderungspolitik dieses unseres Staates liegt das Problem, hier ist die Unmenschlichkeit der kommerziellen Fluchthilfeunternehmen letztlich begründet.

Und das könnte auch beim Abdruck von Agenturmeldungen in der taz deutlich werden. Arno Mekelburg-Nowitzki, Großheide

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