Sacred Hearts

■ Wider das Regennieseljetztreichtsaberwetter

GITARRENPOP!! Durch verwahwahte Schluchten pringlinger Herzschmerzseelentötergitarrentöne geht die Reise direkt ins Herz der 60er Jahre, wo The Sacred Hearts ein Fitzelchen Flowerpowerschrängelpopelemente aufsammeln und sich auf den Weg zu den glamrigen 70ern machen. Hier wird sodann rocklastiges Harmonientum geladen, auch einige Phrasierungen der sparsam gestreuten Gitarrensoli stammen aus diesen Breiten. Den frühen Achtzigern entnehmen sie Chorgesänge und krachig-melodiöses Gitarrenbassgeschrummel, das sie klingen läßt wie ausgesprochen gut gelaunte Mega City Four-Ableger. Alles zusammengenommen bieten sie einen Überblick über die poppige Seite der Nach-Who- Ära, mal sanft (etwa bei Vokaleinsätzen von Colleen Brunelleschi), mal rauchig-hippiesk, mal scherzend-scheppernd.

The Sacred Hearts sind eine Aufstockung der früheren Band des Leadsängers Mark Le Gallez und des Gitarristen Colin Leach: The Risk. Nachdem diese Powerpop-meets- Mods-orientierte Formation mehr Schlagzeuger verbraucht hatte als man an allen Händen und Füßen zusammen aufzählen kann (mit denen sie allerdings immerhin vier Alben, mehrere Compilationbeiträge und einige Singles einzuspielen vollbrachten) und das Management endgültig fatalistischer Desillusionierung erlegen war, sahen die beiden ein, daß ihre Tage unwiederbringlich gezählt waren. Es folgte eine letzte Tour (unter anderem durch Deutschland), auf der sie ein abschließendes Mal ihre über sechs Jahre währende von den Kritikern begeistert aufgenommene Version des Pop- Punk der späten 70er Jahre auferstehen ließen, ohne dabei ihre tiefe Verwandtschaft zum Soul à la Otis Redding zu vernachlässigen.

Nach der Aufbaupause standen Le Gallez/ Leach erneut auf der Bühne. Diesmal präsentierten sie einem diesem Aufwaschprinzip gegenüber zu Recht skeptischen Publikum ihre auf ein Quintett erweiterte Nachfolgegruppe The Sacred Hearts — mit mäßigem Erfolg. Es werden sanftere Töne angeschlagen, die schrammelige Gradlinigkeit der Songs, zu denen Coverversionen von den Buzzcocks oder auch Steppenwolfs »Born To Be Wild« zählten, hat sich in weniger riskante, gemäßigt-milde Zonen melodischen Singsangpops zurückgezogen. Sie haben die Reminiszenz für sich entdeckt, erinnern sich selbst an ihre besten, lautesten und jüngeren Zeiten, sie schließen Freundschaft mit der Sorte von Musik, die nicht Revolution und Aufrührertum sublimieren will, sondern der puren Freude am Als-alles- noch-gut-war sich unterordnet. Sie verbreiten jene charmant-rauhe Wärme, die das altgewordene Fast-dreißiger-Herz dringend nötig hat, falls das dämliche Regennieseljetztreichtsaberbaldwetter in diesem Jahr noch länger anhalten sollte. Zur Präsentation ihrer aktuellen ersten LP begeben sich die fünf heuer auf ausgedehnte Tour, unbeirrt dem Motto folgend: The Risk sind tot — es leben The Sacred Hearts! Erika

Um 22 Uhr im K.O.B.