Eventuell ein Multiplex-Theatercenter?

■ Das Bühnenhaus steht schon: Auf dem verlassenen Gerdes-Gelände hätte u.a. ein Zentrum des Freien Theaters Platz

Wer ist nicht alles unbehaust: ambitionierte MacherInnen von Freiem Theater wandern anderswohin, der Sport hat viel zu wenig Dächer über viel zu vielen Köpfen — und mitten im Ostertor-Viertel, an der Hemelinger Straße nahe dem Brommy-Platz, liegen zu tausenden die Quadratmeter herum.

Im vergangenen Herbst zog das Lastwagenhaus Willi Gerdes nach Arsten aus und hinterließ die alte Niederlassung wüst und leer. Flugs wollte ein Supermarkt rein, aber der Beirat Mitte, nicht faul, rief All dor! und beantragte die Ausweisung als „Gemeinbedarfsfläche“. Kein Wunder. Im ganzen Viertel gibt es keine vergleichbare disponible Fläche mehr, die Oase Brommypark liegt um die Ecke, und das Gerdes-Gelände selber ist bereits sehr praktisch bebaut.

Das größte Gebäude ist T-förmig gegliedert: ein hohes Hauptschiff mit Galerie im oberen Drittel, und quer dazu ein niedrigeres Seitenschiff. Hätten wir schon Bühnenbau und Publikumsgehäuse (300 Plätze) für ein denkbares Theaterzentrum, welches die freie Szene mit Macht und Recht begehrt: für Produktionen, Aufführungen, Gastspiele. Nebenan

Mitten im Ostertor-Viertel eine geräumige Szene für Theater und Sport und andere Multikultur: Das verlassene Gerdes-Gelände nahe dem Brommy-PlatzFoto: Jörg Oberheide

ein Verwaltungsbau zum Geschäftsführen und Proben, außerdem ein paar Garagen, Schuppen und Remisen. Und ein großer Hof: viel Raum also zum Volldenken.

Das Freiraum-Theater hat bereits Wünsche angemeldet (taz

hierhin bitte das

Foto von dem

verlassenen Platz

mit Fabrikgebäuden

vom 22.4.). Die Kulturbehörde allerdings, die ihre Hoffnungen auf ein Theaterzentrum allzu lange in der Neustadt geparkt hatte, steht jetzt, wo das Modernes doch dort wohnen bleibt, wieder ohne da. Die Option Gerdes- Gelände hat sie noch nicht erwo

gen, auch scheut man bekanntlich vor Kosten aller Art zurück. Das Grundstück (Eigentümer: Gerdes) ist zwischen eineinhalb und drei Milliönchen wert, Umbau und Betrieb kommen dazu. Für Frau Siefken-Schulte, Theaterreferentin, jedenfalls eine Frage von Kooperationsmöglichkeiten.

Die gäbe es reichlich. Alle anderen Interessenten bevorzugen eine gemischte Nutzung. Sportvereine, im Viertel ziemlich unterversorgt, wollen Turnhallen, die Gesamtschule Mitte (GSM) ebenfalls. Letztere denkt außerdem an Raum für Schultheater oder auch Musikkapellen aus ihrem Umfeld. Franz Dwertmann vom GSM-Schulförderverein: „Wenn wir die Schule schon vormittags ein Stück weit öffnen, dann kommen die Jugendlichen auch abends wieder“. Sonst gibt es ja im ganzen Viertel keinen akzeptierten Jugendtreff. Auch die Uni, die ein Spielbein in die Stadt setzen möchte, die Volkshochschule und das Werder-Fanprojekt haben Bedarf signalisiert.

Bevor sich womöglich alle einkriegen und das Gelände dereinst bunt besiedelt wird, wären allerlei Taktiken der Mischfinanzierung auszutüfteln. Konzepte gibt es allerdings noch nicht.

Jeder konkrete Plan hat zu beachten, daß derzeit die Perestroika einer viel größeren Fläche zur Debatte steht. Das Stadtplanungsamt hat das Büro Bäuerle beauftragt, einen Entwurf für das ganze Trapez Brommyplatz-Am Schwarzen Meer-Verdener Straße-Hamburger Straße auszuarbeiten. Mögliche Elemente einer solchen Neugestaltung wären: periphere Lücken mit Wohnraum bebauen, Durchfahrtsverkehr aus der Hemelinger Straße abdrängen, das ganze Milieu um den Brommyplatz per Entsiegelung, Neubepflanzung und Mauerabriß zu einem Gelände zusammenzufassen, dem dann die Werder- Sporthalle, der ausgedehnte Hinterhof der GSM und, baulich integriert, der Gerdes-Komplex angehören würden. Manfred Dworschak