AEG schreibt auch 1991 wieder tiefrote Zahlen

■ Trotz Auflösung von Rüststellungen rund 200 Millionen DM Konzernverlust

Berlin (dpa) — Der Frankfurter Elektrokonzern AEG kommt auch in diesem Jahr nicht aus den roten Zahlen. „Wir gehen für 1991 von einem Jahresverlust aus“, sagte der neue Vorstandschef der AEG AG, Ernst Georg Stöckl, gestern bei der Vorlage der Bilanz in Frankfurt. Für 1990 beträgt der Konzernverlust 205 Millionen DM. Ohne die Auflösung von Rückstellungen wäre sogar ein Minus von 400 bis 450 Millionen DM entstanden. Im Vorjahr hatte der drittgrößte deutsche Elektrokonzern einen außerordentlichen Gewinn von 275 Millionen DM ausgewiesen, der allerdings nur aus dem Verkaufserlös für das Luft-, Raumfahrt- und Rüstungsgeschäft an den Mutterkonzern Daimler-Benz resultierte.

Stöckl begründete den neuerlichen Fehlbetrag mit hohen Zukunftsinvestitionen bei Automatisierungstechnik und Mikroelektronik sowie strukturellen Defiziten bei der Büro- und Kommunikationstechnik AEG Olympia Office. „Das bedeutet konkret die Überprüfung von Tätigkeitsfeldern, Produktionsstrukturen und Standorten“, fügte der Firmenchef mit Blick auf die Verlustbereiche hinzu. In Zukunft will er nämlich AEG nicht als Zuschußempfänger der „reichen Mutter“ Daimler-Benz sehen, die diese Verluste tragen muß. „Unser Ziel ist die finanzielle Autarkie“, sagte er. Für 1991 hat der AEG-Chef für den Konzern ein Umsatzwachstum von drei bis vier Prozent im Auge, erwartet beim Ergebnis aber nur eine „operative Verbesserung“. In den ersten vier Monaten dieses Jahres stieg der Umsatz um elf Prozent auf 4,1 (Vorjahr 3,7) Milliarden DM, wobei das Inlandsgeschäft stärker wuchs als das Auslandsgeschäft. Der Auftragseingang erreichte Ende April 4,7 (4,6) Milliarden DM. Der Hauptversammlung am 19. Juni will er vorschlagen, den beabsichtigten Gewinnabführungsvertrag mit der Daimler-Benz AG auf den 1. Januar 1991 vorzuziehen, damit die Mutter den Verlust steuerlich geltend machen kann.

1990 setzte die AEG konzernweit 13,1 Milliarden DM um. Während das Inlandsgeschäft um zwölf Prozent auf 7,3 Milliarden DM wuchs, nahm der Umsatz mit den Auslandskunden um zwei Prozent auf 5,8 Milliarden DM zu. Der Auftragseingang war mit 14,2 Milliarden DM um zwei Prozent höher. Ende letzten Jahres beschäftigte AEG weltweit 77.000 Mitarbeiter. Der Personalstand schrumpfte im Inland wegen Ausgliederungen um 1.300 auf 57.200.

In den ostdeutschen Ländern hat AEG mehrere Gesellschaften übernommen oder gegründet, die zu eigenverantwortlichen Unternehmensbereichen heranwachsen sollen. Beispielsweise solle der Schienenfahrzeugbau der Lokomotivbau- Elektrotechnische Werke Hennigsdorf GmbH (LEW) ein wichtiger Pfeiler im Geschäft werden.

Der ehemalige AEG-Vorstandsvorsitzende und jetzige Bundesbahnchef Heinz Dürr hatte im vergangenen Jahr angekündigt, daß die AEG mit ihrem traditionellem Eisenbahngeschäft und dem Einstieg in Hennigsdorf die internationale System- und Marktführerschaft im schienengebundenen Verkehr anstrebe. Bislang macht der Umsatz im Eisenbahnbereich aber nur rund zehn Prozent des Gesamtumsatzes aus. Mit den in Osteuropa starken Hennigsdorfer Werken soll der Einstieg in diesen Markt gelingen. Bis Jahresende will der Konzern im Osten rund 5.000 Mitarbeiter beschäftigen. ten