Gerichtliche Nachbarschaft gefährdet

■ Es waren einmal zwei Gerichte, die konnten einander nit kommen

Lange hat es gedauert, bis das Sozialgericht ein neues Domizil gefunden hatte, dann schlug die Stadt zu: Das Grundstück Contrescarpe 33, just neben dem Landessozialgericht (Contrescarpe 32), wurde aufgekauft, das Gebäude wird derzeit top renoviert. Mitte Juni soll das Gericht in sein neues Heim ziehen.

Viele Vorteile bietet die neue Heimat für die Richter: Sie könnten mit ihren Kollegen von der nächsten Instanz eine gemeinsame Bibliothek benutzen, könnten sich austauschen, könnten mit einer zusammenhängenden Verwaltung manchen Groschen sparen.

Die langersehnte Nachbarschaft droht jetzt jäh zu zerplatzen, denn unmittelbar vor dem Einzug des Sozialgerichtes in das neue Gebäude Contrescarpe 33 hat das Landessozialgericht seine Kündigung bekommen: Die Eigentümerin des Hauses, die Landesversicherungsanstalt Oldenburg-Bremen, will das Haus verkaufen. Fristgerecht trudelte die Kündigung zum 30.6 ins ehrwürdige Gerichtgebäude, in dem seit knapp 40 Jahren der Gerechtigkeit zum Durchbruch verholfen werden soll.

Die Landesversicherungsanstalt hat in Oldenburg zahlreiche Bauvorhaben vor der Brust und will Objekte, die sie absehbar nicht mehr selbst nutzen kann, abstoßen. LVA-Sprecher Bruns bestätigte, daß es bereits mehrere Interessenten für das Haus in der Contrscarpe gebe, daß aber eine endgültige Entscheidung über den künftigen Besitzer noch nicht gefallen sei. Hoffnung für die Landessozialrichter: Auch der Bremer Senat ist unter den Bewerbern um die Immobilie. Die zur Verhandlung stehende Kaufsumme von zwei Millionen Mark wollte Bruns nicht bestätigen.

Möglicherweise stehen die Landessozialrichter, unter deren Waage auch Mietstreitereien verhandelt werden, bald selbst auf der Straße. „Wir haben aber ganz gute Chancen, daß wir hier werden weiterarbeiten können“, hofft der Präsident des Landessozialgerichtes, Rupert Großmann. Entweder kauft der Senat das Gebäude, oder der neue Hausherr vermietet weiter an das Sozialgericht. „Unser Haus steht unter Denkmalschutz, da kann man keine teuren Wohnungen einbauen“, weist er mögliche Spekulantenträume zurück. Das Grundstück sei für einen Investor nur interessant, weil das zur anderen Seite liegende Freigrundstück Contrescarpe 30 noch bebaut werden könne. Ob es unter einem neuen Haushernn allerdings bei der „angemessenen Miete“ (Großmann) bleibe, ist fraglich.

„Was in Zukunft wird, wissen wir noch nicht“, bedauert Richter Großmann. Nur eines sei klar: Wenn das Landessozialgericht ausziehen muß, müsse das Land ein Domizil finden, in dem beide Gericht untergebracht werden können.

Rosi Roland