Kultureller Blackout

■ Offener Brief zum Kulturteil der taz

Wahrscheinlich werde ich nicht der Erste und auch nicht der Letzte sein, der zu Eurem „Kulturteil“ Stellung nimmt. Daß ich Stellung nehme, beruht zum Einen auf meiner eigenen, unmittelbaren Erfahrungen als Galerist und Veranstalter von Konzerten und zum anderen als jemand, der am kulturellem Leben in dieser Stadt regen Anteil nimmt. Es gab eine Zeit — lang, lang ist's her-, da war der Kunstteil noch richtig gut! Beate Naß schrieb für Euch Ausstellungsbesprechungen, die umfangreich und inhaltlich hervorragend waren. Mit der Trennung von ihr ging's bergab: niveaulos und dumm wurde über diesen wichtigen Teil des kulturellen Lebens geschwafelt. Proportional nahmen dafür die Besprechungen von Veranstaltungen der U-Musik zu, besonders wenn es um Veranstaltungen des „Modernes“ ging.

Womit wir schon bei der Musik wären: hier das Gleiche, unproportional wenige Berichte über Veranstaltungen der E-Musik. Dabei ist es gerade für die jungen Musiker dieses Genres außerordentlich wichtig, eine Presse zu bekommen. Hier auch mal eine Bemerkung in eigener Sache: Hatten wir doch seit 1986 an die 100 Kozerte mit fast 10.000 BesucherInnen. Kein einziges Mal hat die taz darüber berichtet, obwohl immer wieder persönlich darauf angesprochen, und obwohl wir hier in Bremen ein einzigartiges alternatives Kulturmodell aufbauten, das von der öffentlichen Hand nicht unterstützt, in unseren Räumen verschiedene kulturelle Ausdrucksformen zusammenführte und man uns den Hintergrund der materiellen Bereicherung sicher absprechen kann.

Ehrlich gesagt verstehe ich diesen allgemeinen kulturellen Blackout der taz nicht. Verstehen denn die Redakteure nichts von diesen anderen Sparten der Kultur, oder denken sie, daß der Leser die „harte Kost“ der anderen Kultur nicht verkraften kann? Egal wie: Ich denke, daß auch die Kulturredaktion lernfähig ist und sich künftig auch einmal mit „der anderen Musik“ beschäftigt und das vollkommen bedeutungslose „Kunstlicht“ abschafft, das über den Status reiner Ankündigung nicht hinauskommt, und vor allem: daß die taz zum Entdecker und Förderer alternativer kultureller Formen in dieser Stadt wächst. Hier könnte sich die taz als alternatives Blatt wirklich verdient machen. Wir werden in Kürze Bremen verlassen, aber auch vom anderem Ort werden wir verfolgen, was in der taz-Bremen steht, und was sonst so in Bremen los ist. Mit den besten Wünschen für die Zukunft

Christof Steinbrecher, Galerie Steinbrecher