Bei den Sternen zu Hause

■ Ein Vortrag von Monika Staesche im Zeiss-Planetarium

Das Grün entlang der S-Bahn- Trasse Richtung Lichtenrade sieht wirklich überzeugend frühlingshaft aus. Daß die Münchener sich über Pfingsten zum Skifahren verabreden, scheint bei diesem Anblick wie ein übles Gerücht, schon gar, wenn auf die Fahrt ein abendlicher Ausflug ins Zeiss-Planetarium folgt. Beim Aussteigen am Bahnhof Priesterweg zwitschern die Vögel in ansonsten fast stiller Natur. Obwohl nur drei Stationen von der Yorckstraße entfernt, fühlt man sich wie jwd auf der kurzen Wanderung zum Veranstaltungsort, an Flieder und Weißdornbüschen vorbei. Das Planetarium widmet sich in diesem Monat der Venus, dem Stern der Liebe.

Monika Staesche, Hobbyastronomin und Studentin der Alten Geschichte, hielt einen Vortrag über den nach Sonne und Mond hellsten Planeten, der in allen Kulturen als weiblich gilt. »Alles auf Erden wird durch ihre Kraft erzeugt. Durch ihr zweimaliges Erscheinen — eine Zeitlang morgens, eine Zeitlang abends — verbreitet sie fruchtbaren Tau auf der Erde und stachelt alle lebenden Wesen zur Befruchtung an.« (Plinius)

Während die nächtlichen Parks noch nicht wirklich zum Verweilen auf dem Rasen einladen, so tun es doch die bequemen Sessel im Vortragssaal. Liegend lauschen die Planetariumsbesucher — mehrheitlich Schulklassen aus Westdeutschland — Monika Staesches verständlichen Ausführungen über das Weltall und seine jenseits der Vorstellungskraft liegenden Dimensionen. Unwillkürlich fragt man sich, wie das riesige Sternenzelt sich da so täuschend echt über einem ausbreitet, ob auch die Vortragende diese Gefühle des sich orientierungslosen Verlierens im Unendlichen kennt, fährt sie doch mit einem grünen Pfeil blitzschnell und kundig am Firmament von Jupiter zu Merkur, kann deren Laufbahnen erklären und weiß viel über Oberflächen, Temperaturen und chemische Umhüllungen der einzelnen Sterne. Monika Staesche hält regelmäßig Vorträge im Planetarium — aus Liebe am Hobby Astronomie. Seit sie zwölf Jahre alt ist, verbringt sie — nicht immer zum Gefallen ihrer Eltern — ganze Nächte auf dem Balkon oder geht morgens ganz früh irgendwo hin, wo das Stadtlicht nicht so grell ist. Am liebsten mag sie die Dämmerung, wenn das Blau unendlich erscheint und der Mond — so wie dieser Tage — als eine schmale Sichel zu sehen ist.

Egal, ob Monika Staesche in den echten oder den imitierten Himmel des Planetariums zeigt — bei ihren Worten entschlüsselt sich alles, was einem sonst wie ein wunderhübsch blitzendes Chaos erscheint. Per Knopfdruck blendet sie z.B. figürliche Graphiken — Bären, Löwen, Fische, Widder — über die Sterne, und mancher mag dabei zum ersten Mal die Konturen und Gesichter der himmlischen Tiere erkennen. Ihr Kommen und Gehen im Sinne des Horoskops kann im Zeiss-Planetarium durch einen Zeitbeschleuniger demonstriert werden: dann saust der Mond in Sekundenschnelle um die Erde und die anderen Planeten huschen, kaum daß man ihnen folgen kann, bald hierher, bald dorthin. Jahre vergehen in Minuten. Einige Sternzeichen wurden separat, auf besonderen Wunsch der Besucher ins Blickfeld gerückt. Zum Erstaunen fast aller Anwesenden korrigiert Monika Staesche allerdings die laienhaften Angaben: »Sie sind Waage? Sind Sie sicher?« Weil Zeitungen z.B. heute noch von Sternenkonstellationen ausgehen, die nach dem Stand der Sonne bei der Erfindung der Astronomie galten, muß man als sein wirkliches Sternzeichen das vorherige annehmen. Erst in 23.000 Jahren werden die Sternzeichen wieder synchron mit unseren Zeitungshoroskopen sein. Bis dahin gilt die Faustregel: Aus Widder wird Fisch, aus Skorpion Waage usw. Im Zeitraffer zeigt sich auch der Venus größtes Geheimnis — warum sie mal Abend-, mal Morgenstern ist — als eine Folge ihrer rastlosen Wanderung um die Sonne, von links nach rechts und zurück. Sie sei ein Planet, so erklärt Monika Staesche, dem einzig sein wunderschönes Licht den Ruf eingebracht habe, der »Stern der Liebe« zu sein. »Bestimmt heißt sie nicht so, weil's dort so schön ist — das kann man ja auch aus den Aufnahmen erkennen —; es sieht eher aus wie in der Hölle. Total heiß.« Zu Pink-Floyd-Musik präsentiert die Astronomin zum Abschluß noch den Himmel über Berlin, so er wäre ohne Wolken, Stadtlicht und Dreck. Mit der nach fünf Minuten Nacht herbeigezauberten Morgenröte ging Monika Staesches Vortrag zu Ende. Dorothee Wenner

Der Vortrag über den »Stern der Liebe« wird wiederholt am Pfingstmontag und am Do., 23. Mai, jeweils um 20 Uhr im Zeiss-Planetarium am Insulaner, Munsterdamm 90, Berlin 41.