Fernverkehr: groß, größer, am größten

■ Hassemer für Großflughafen am Schönefelder Kreuz, Großbahnhof für Hochgeschwindigkeitszüge in der Stadt/ Potsdamer Platz: Architektenverein bereitet aus Protest offenen Wettbewerb vor

Berlin. Volker Hassemer, Senator für Stadtentwicklung, hat sich gestern für Schönefeld Süd als Standort für den geplanten Großflughafen »Berlin International« ausgesprochen.

Westlich des Schönefelder Autobahnkreuzes sollten Flugzeuge dort landen, wo jetzt die Autobahn verläuft, Autos müßten durch einen Tunnel unter den Start- und Landebahnen fahren. Der Standort am Berliner Ring zwischen der Bundesstraße 96 und 179 sei ökologisch am verträglichsten, aber am wenigsten auf die Anbindung an den Eisenbahnverkehr vorbereitet, erklärte der CDU-Senator.

Hassemer betonte, daß er der Standortentscheidung nicht vorgreifen wolle. Es werden bis Ende 1992 die Raumordnungsverfahren für die drei Standorte Schönefeld Süd, Genshagener Heide bei Großbeeren an der B 101 und Speerenberg zwischen Zossen und Luckenwalde abgeschlossen sein. Der Fan eines Superflughafens schätzt, daß 1994 mit den Bauarbeiten begonnen werden könne. Im Jahr 2000 soll die erste Stufe — eine Lande- und Startbahn — in Betrieb gehen. Aufgrund eines neuen Flughafenmanagements sei es möglich, daß »Berlin International« die erwarteten Kapazitäten von 40 Millionen Fluggästen im Jahr 2010 bewältigen könne. Wenn nicht, warnte der Politiker, könnten die innerstädtischen Flughäfen nicht geschlossen werden.

Internationaler Blick auf das Stadtforum

Hassemer sprach sich gestern auch für einen Großbahnhof in der Stadt aus. Hochgeschwindigkeitszüge müßten mitten in der Stadt halten. Ein Tunnel, wie von der Reichsbahn auf dem »Stadtforum« am vergangenen Wochenende vorgestellt, sei notwendig, damit die Tempo-Züge innerhalb Berlins nicht die gleiche Zeit brauchten, wie für die Strecke Berlin-Hannover.

Kurt Forster, Kunsthistoriker am amerikanischen Getty-Center, will das Stadtforum weiterhin unterstützen. Dies teilte Senator Hasssemer gestern mit. Forster hatte überraschend seine Teilnahme an dem alle 14 Tage tagenden Stadtplanungsgremium abgesagt, das den Senator für Stadtentwicklung berät. Der Amerikaner will nun in den USA eine internationale Expertengruppe organisieren, die im August die Ergebnisse des Forums begutachten soll. Forsters freigewordener Platz im Leitungsgremium wird Helga Faßbinder besetzen. Die Professorin baut zur Zeit ein »Kooperationszentrum für Planen und Bauen — Niederlande-Norddeutschland« auf.

Der Architekten- und Ingenieur- Verein (etwa 600 Mitglieder) übte am Donnerstag abend schwere Kritik an Hassemers Vorgehen beim Potsdamer Platz. Bei einem Gespräch mit den Staatssekretären Wolfgang Branoner (Stadtentwicklung) und Hans Stimmann (Bauen und Wohnen) kündigten sie einen offenen Wettbewerb für den Platz an. Hassemers eingeschränkter Wettbewerb mit 17 Architekten berge die Gefahr, daß alles in die gleiche Richtung gehe. »Wenn ich die Jury und die Teilnehmer bestimme, bestimme ich auch das Ergebnis«, erklärte Jürgen Fissler, Vorsitzender des Vereins. Hassemer verteidigte gestern den beschränkten Wettbewerb. Die ausgewählten Architekten würden aufmerksam die Auseinandersetzungen im Stadtforum verfolgen und in ihre Planungen einbeziehen. Ein offener Wettbewerb fände aus Konkurrenzgründen dagegen hinter verschlossenen Türen statt. Dirk Wildt