: Roma gedenken der Deportationen
■ 51. Jahrestag der Verschleppung von Essener Roma in die Vernichtungslager
Essen (taz) — Ein Foto von den Baracken der Zigeuner im Segeroth und eins von einem Wohnwagen hat der Essener Schriftsteller Walter Wehner gefunden. Mehr nicht. Dabei hat er für sein Buch über das Essener Arbeiter-Innenstadtviertel, den Segeroth, alle Archive durchkämmt. Das Bild vom Wohnwagen aus den dreißiger Jahren, sagte Wehner am Donnerstag zum Gedenken des 51. Jahrestages der Deportation von Roma, habe die Stadtverwaltung als Propagandafoto gegen die „asozialen Zigeuner“ machen lassen.
In den Jahren 1937/38 unterteilten die Nazis im Essener Rathaus die BewohnerInnen des als „Klein-Moskau“ titulierten Segeroths in drei Gruppen, erinnerte Essens Oberbürgermeisterin, Annette Jäger: in die „Gesunden“, die bleiben durften, die Unbotmäßigen, die an den Stadtrand umgesiedelt wurden und jene, die „ausgemerzt“ werden sollten. Zu diesen gehörten die Sinti in den Hinterhöfen der Schlenhofstraße, direkt neben der Zeche Victoria Mathias.
Schon 1936 waren hundert von ihnen in ein Lager gebracht worden, drei Jahre später zwang die Verwaltung alle „zigeunerischen Personen“ auf einer Brachfläche zusammen. Ab März 1943 die Deportationen aus der Revierstadt nach Auschwitz/Birkenau.
Ganz gegen die Erwartungen und zur Genugtuung von etwa hundert Roma war Oberbürgermeisterin Jäger zur ersten Essener Kranzniederlegung für die Verfolgten und Deportierten erschienen. Sie äußerte sich jedoch nicht zu der Frage, ob die Stadt den Essener Roma ein kommunales Bleiberecht gewähren wird. Basem Hannouneh vom Essener Flüchtlingsrat und der Sprecher von fast vierzig Essener Roma-Familien forderten die Oberbürgermeisterin auf, für ein dauerhaftes Denkmal an dem Ort zu sorgen, wo bis in den Faschismus Essener Sinti und Roma lebten. Heute steht dort die Universität. Zur Gedenkveranstaltung hatten Roma ein großes „Z“, wie es die Nazis den Roma und Sinti in Birkenau auf den Arm tätowieren ließen, aus Spanplatten montiert, an dessen Fuß sie einen Strauß roter Rosen legten. „Aus Liebe“, wie einer sagte, „nicht aus Mitleid.“ bm
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