Abtreibungsstation: Nürnberg kneift vor der CSU

■ Projekt einer „Gynäkologischen Ordination“ für Abtreibungen aufgeschoben — SPD wartet auf

Nürnberg (taz) — Die Stadt Nürnberg, sonst keinem Konflikt mit der schwarzen Staatsregierung abgeneigt, übt sich in vorauseilendem Gehorsam. Den Plan der Grünen, am städtischen Klinikum eine „Gynäkologische Ordination“ für Belegärzte zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen einzurichten, will die Stadt auf Betreiben von SPD und CSU so lange aufschieben, bis die Rechtsaufsicht der Stadt, die Bezirksregierung von Mittelfranken, dazu Stellung genommen hat. Abtreibungen sind in Bayern nur in Krankenhäusern erlaubt. Da sich diese meist in kommunaler bzw. kirchlicher Trägerschaft befinden, sind bayerische Frauen gezwungen, in Privatkliniken oder außerhalb Bayerns abtreiben zu lassen. Besonders auch in dem abtreibungsfeindlichen Klima nach dem Memminger Prozeß hatte sich schon im Juni die Nürnberger SPD einem Antrag der Grünen angeschlossen, im städtischen Krankenhaus eine Belegabteilung einzurichten, wie es sie schon in Karlsruhe und Stuttgart gibt. Kurz zuvor hatte die Stadt der Bayerischen Staatsregierung, der CSU, der katholischen Kirche und dem Caritas-Verband eine empfindliche juristische Niederlage zugefügt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschied damals, die Stadt habe nicht rechtswidrig gehandelt, als sie im Jahre 1986 in einem Ausschreibungstext für zwei Chefarztstellen an der städtischen Frauenklinik von den Bewerbern auch die Bereitschaft zur Vornahme von Abtreibungen verlangt hatte. Obwohl inzwischen bereits entsprechende Räume für eine „Gynäkologische Ordination“ gefunden sind, will die Stadt den zu erwartenden Einspruch der Regierung abwarten, um sich dann notfalls dagegen bis zur letzten Instanz, dem Bundesverwaltungsgericht, zu wehren. Der grüne Stadtrat Klaus-Peter Murwaski versteht die zögerliche Haltung der Stadt nicht. Murawski hält es für politisch falsch, daß die Anforderung der Akten durch die Regierung bereits ausreiche, damit die Stadt auf die Bremse trete. Verträge mit Ärzten wären ein „wichtiges juristisches Argument“ gewesen; damit hätten die Aussichten für einen Widerspruch gegen einen sofort vollziehbaren Einspruch der Regierung gegen das Projekt „erheblich verbessert“ werden können. SPD-Gesundheitsreferent Bauer verwahrte sich gegen die Kritik der Grünen und verwies auf die knappe Haushaltskasse. Die Einrichtung der Ordination würde 200.000 DM kosten und sei nicht förderfähig. Bei einem Einspruch der Regierung könnte man diese Kosten bis zur gerichtlichen Klärung — das könnte Jahre dauern — nicht tragen. BS