Bonner Bürokratie blockiert Hilfe für Kurden

■ In deutschen Krankenhäusern stehen die Betten für die schwerkranken kurdischen Flüchtlinge leer/ Anträge der Kranken seit zwei Wochen vom Bonner Auswärtigen Amt unbeantwortet

Uludere/Türkei (taz) — Weil offensichtlich die Mühlen der Bonner Ministerien langsamer mahlen als der deutsche Außenminister Pressestatements herausgeben kann, warten im Flüchtlingslager in Yekmal etliche Schwerkranke seit zwei Wochen auf die versprochene Weiterbehandlung in Deutschland. Bislang wurden aus „Camp 4a“ nur sieben Patienten nach Deutschland ausgeflogen, obwohl allein in Berlin zwanzig Betten zur Verfügung stehen. „Das ist ein widerliches Theater“, empört sich Dr. Hassan Ali, kurdisches Mitglied eines Helferteams der Berliner Ärztekammer in Camp 4a, „wenn man zuerst in aller Öffentlichkeit Krankenhausbetten für diese Menschen verspricht, und dann passiert nichts. Ich glaube diesen Politikern kein Wort mehr.“

Vor 18 Tagen habe man die ersten Anträge nach Bonn an das Auswärtige Amt weitergeleitet, erklärte Dr.Klaus Burkhard, Leiter des Hospitals im Flüchtlingslager, in dem sich noch rund 40.000 Flüchtlinge befinden. Ärzte und Helfer im „SOS- Camp-4a“ sind zunehmend verbittert über die lange Wartezeit. Wenn man sich bei den zuständigen Stellen nicht beeile, so Burkhard, „dann sterben die Leute einfach weg“.

In Berlin und anderen bundesdeutschen Städten hatten Krankenhäuser bereits vor Wochen Betten für Schwerverletzte aus kurdischen Flüchtlingslagern zur Verfügung gestellt, nachdem sich Genscher für die Hilfe eingesetzt hatte. Ursprünglich hatte man sich auf die Behandlung von Opfern der Napalm- und Brandbomben eingestellt, die die irakische Armee bei der Niederschlagung des Aufstandes eingesetzt hatte. Doch für die meisten dieser Opfer kam jede Hilfe zu spät: Sie überlebten die Flucht über die Berge in das türkisch- irakische Grenzgebiet nicht oder starben kurz danach in den Lagern.

Trotzdem häufen sich nach Aussagen der Ärzte im Camp 4a die Fälle der Patienten, die dringend in deutschen Krankenhäusern behandelt werden müssen. Die dreijährige Rojani zum Beispiel muß, will sie überhaupt eine Überlebenschance haben, umgehend in chemotherapeutische Behandlung, nachdem ihr wegen eines bösartigen Tumors im Kopf das rechte Auge herausoperiert wurde. In mindestens weiteren zehn Fällen warten die Mediziner seit Wochen oder länger auf eine Antwort aus dem Auswärtigen Amt.

Theoretisch könnten die betroffenen Flüchtlinge auch in irakischen Krankenhäusern versorgt werden. Doch nach den „chirurgischen“ Bombardements der Alliierten während des Krieges ist das einstmals gut ausgebaute irakische Gesundheitssystem fast völlig zerstört. Und die medizinische Versorgung in der sogenannten Schutzzone durch alliierte und internationale Hilfsorganisationen reicht nicht aus. Unterdessen hoffen die Patienten und ihre Angehörigen im Flüchtlingslazarett weiter auf die erlösende Nachricht aus Deutschland. Selbst wenn die käme, für eine 19jährige Frau ist es zu spät. Sie starb zehn Tage, nachdem die Mediziner im Flüchtlingslager den Antrag auf medizinische Behandlung in Deutschland gestellt hatten. „Vielleicht“, kommentiert ein verbitterter Arzt, „genehmigen sie ja post mortem“. ab