Pokal statt Schale

■ Werder verliert gegen Stuttgart 0:1 / „Keine Stehplätze, keine Stimmung“

„Schade“, meinte einer der fast 18.000 Werderzuschauer nach dem verlorenen Spiel im Stadion, „na ja, wenn schon nicht die Meisterschale, dann holen wir diesmal wenigstens den Pokal.“ Und Trainer Otto Rehagel nach dem Spiel: „Es hat nicht sollen sein.“ Trostversuche erfolgten von unerwarteter Seite: Stuttgarts Coach Christoph Daum wünschte den Werderanern das gewisse Quentchen Glück für 'ein andernmal'.

Vielleicht stand das Spiel gegen Stuttgart auch wegen des Fanstreiks nicht gerade unter einem Glücksstern. Ein gutes Viertel der Ostkurve war bis zur 20. Minute bis auf einige Plakate völlig verwaist. „Keine Stehplätze, keine Fans, keine Stimmung“ war da zu lesen. So stimmte der harte Kern der Werderfans mit den Füßen für den Erhalt der Stehplatzostkurve auch nach den geplanten Umbauten. Alle standen gerade wieder an ihren Plätzen, da mußten sie mitansehen, wie der Ball unglücklich von Votavas Schienbein ins Tor abprallte.

Wie konnte das passieren ? Wie konnten die zu Hause bloß verlieren? Diese Fragen geisterten dem einen oder anderen jetzt durch den Kopf, dessen Fußballherz für den SVW schlägt. Im Stadion wurde das Votavaeigentor in der 23. Minute eigentlich recht gelassen aufgenommen. „Sowas kennt man ja inzwischen von den Heimauftritten der Grünweißen. Ein Unentschieden holen sie dann ja mindestens immer noch heraus,“ war zu hören.

Aber Pustekuchen, immer wieder rannten die zehn Bremer auf das Tor von Eike Immel an, nur den Ball bekamen sie nicht hinein. Dabei ackerten sie alle was das Zeug hielt. Dann merkten auch die Zuschauer auf den Rängen, daß da etwas mit Werder nicht so wie immer lief. Nach ein paar merkwürdigen Entscheidungen des Schiedsrichters — einige Stuttgarter Tätlichkeitsdelikte im eigenen Strafraum blieben ungeahndet — wachte das Stadion auf: kollektiv wurde alle paar Minuten Elfmeter gefordert. Offensichtlich aus Trotz gab der Schiri danach erst recht keinen Elfer, sondern wurde zusehends unruhiger. So auf sich allein gestellt, spielte Werder eine ganze Reihe schöner Chancen heraus.

Auch die Statistik spricht eine klare Sprache: Einem Dutzend Bremer Eckbällen stehen gerade drei vom Stuttgarter Verein für Ballspiele gegenüber, ähnlich sieht das Verhältnis der Freistöße aus. Es gab zwei gelbe Karten für den VFB, einmal riß Fritz Walter im Fliegen die Bandenwerbung ein. Sechs Bälle verschwanden in der Ausschachtung für die neue Südtribüne.

Für eine Extraportion Spannung sorgten im Rund des Weserstadions auch die Einblendungen auf der Anzeigetafel. Nach jedem Tor in Dortmund gegen die Bayern brachen auch hier Begeisterungsstürme los. Als sich dort gegen Ende das Blatt für die Bayern wandte, waren hier die letzten Träume von der deutschen Meisterschaft 1991 verflogen. „Schade“, klang es auch aus dem Stadion-Lautsprecher. V.K.