: Kein „Salu“ für Palu
■ Atomwirtschaft ließ TV-Kommissar abblitzen
Saarbrücken (dpa) — Eigentlich wollte Fernsehkommissar Max Palu im nächsten Tatort-Krimi aus Saarbrücken gegen die Atom-Mafia für Recht und Ordnung kämpfen. Doch daraus wird vorerst nichts: Weder in der Kernforschungsanlage Karlsruhe noch im Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich oder in der Essener Kraftwerkerschule öffneten sich die Tore für das Drehteam des Saarländischen Rundfunks (SR).
Der Sender wollte seinen von Jochen Senf gespielten Vorzeige-Polizisten auf die Spur eines mysteriösen Mordfalls im Milieu der deutschen Atomwirtschaft setzen — doch statt eines „Salu“ für den Saar-Ermittler hagelte es kurzfristige Absagen.
„Weil wir von Anfang an mit offenen Karten gespielt haben, hat uns die ablehnende Haltung der Betreiber doch überrascht“, meint SR- Fernsehspielchef Martin Buchhorn. Immerhin seien die Vorbereitungen schon angelaufen, und zwar „vor dem Hintergrund, wichtige Hauptmotive wie Kernreaktor oder Schaltzentrale durch die Atomwirtschaft für den Dreh zur Verfügung zu haben“.
Der Versuch, das seit dem Vorjahr geplante Tatort-Projekt unter dem Arbeitstitel Kesseltreiben mit nachgebauten Atom-Kulissen zu retten, scheiterte. „Eine neu erstellte Kalkulation hat ergeben, daß die Nachbildung der auch inhaltlich unverzichtbaren Motive den Kostenrahmen hoffnungslos überschreiten würde“, bedauert der Saarländische Rundfunk.
Ein Sprecher der Kernforschungsanlage Karlsruhe begründete die rote Karte für Palu mit einer „Verfälschung der Optik“, da der vom SR für den „Dreh“ ausgesuchte stillgelegte Versuchsreaktor nicht mehr auf dem letzten Stand der Technik sei. Als Grund für die Zurückhaltung gegenüber TV-Projekten werden von Atom-Betreibern aber auch die oft unsachliche Einstellung der Fernsehmacher zur Kernenergie angeführt. Vor dem Hintergrund des Wirbels, den kürzlich der Film Todeszone — über einen Super-GAU in Biblis — entfachte, hieß es: „Deshalb haben wir kein besonderes Interesse, Kernkraftwerke für Filmproduktionen freizugeben.“
Der Saarländische Rundfunk hat auf die Absagen für sein „Kesseltreiben“ gegen die Atom-Mafia schnell reagiert und verfilmt nun von Juli an mit Max Palu alias Jochen Senf ein ursprünglich erst für 1992 vorgesehenes Drehbuch mit einem ebenfalls politisch brisanten Thema (Arbeitstitel: Seilschaft).
Der geplante Krimi im Atom-Milieu soll dennoch entstehen — möglicherweise kann ausgerechnet im direkt an der saarländischen Grenze gelegenen, heiß umstrittenen Kernkraftwerk Cattenom (Lothringen) gedreht werden. Dort seien die Betreiber „bemerkenswert selbstbewußt und überhaupt nicht scheu“, meinte Fernsehspielchef Buchhorn hoffnungsvoll. Werner Herpell
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