MIT NEUEN OST-BÖRSEN AUF DU UND DU
: Kursstürze in Warschau

Gehandelt werden bisher die Aktien von fünf Firmen  ■ Aus Warschau K. Bachmann

Wer zur Zeit sein Geld in Aktien anlegt, die an der Warschauer Börse notiert sind, muß auf Überraschungen gefaßt sein. Als die Börse Mitte April eröffnet wurde, schlug für die fünf Betriebe, deren Papiere dort bisher notiert sind, die Stunde der Wahrheit. Und prompt zeigte sich, daß von den angeblich „fünf besten Betrieben Polens“ — wie das Privatisierungsministerium seinerzeit bei der Emission warb — nur zwei wirklich gut sind. Die Aktien der Glasbläserhütte Krosno, kurz zuvor noch von leitenden Beamten des Ministeriums in den Himmel gelobt, stürzten so weit ab, daß ihre Notierung bis auf weiteres ausgesetzt werden mußte.

Der Grund dafür war eigentlich absehbar. Krosno ist zu 70 Prozent in seiner Energieversorgung von Erdgaslieferungen aus der Sowjetunion abhängig. Deren Preis stieg aber mit der Einführung der Dollarverrechnung im RGW-Bereich dermaßen, daß die Firma zu Massenentlassungen gezwungen war. Die Nachricht davon tat ein übriges — an der Börse wurden Krosno- Aktien fast nur noch verkauft. Haben wollte sie kaum jemand.

Während die Aktien der anderen vier Firmen bei der Eröffnungssitzung noch über ihren Emissionswert anstiegen, sind sie seither wieder im Fallen begriffen. Einzige Ausnahme: Die Baufirma Exbud, die die Mehrzahl ihrer Dienstleistungen in der Bundesrepublik erbringt. Exbud wurde zum Börsenhit, der Wert der Aktien steigt und steigt. Schon jetzt ist allerdings absehbar, daß — mit Ausnahme von Exbud — Aktienkäufe verglichen mit anderen Anlagemöglichkeiten wenig rentierlich sind.

Die 'Gazeta Wyborcza‘ verglich inzwischen verschiedene Anlagen miteinander und kam zu dem Schluß, daß die höchsten Renditen die Anteile der Firmen abwerfen, die an der Börse nicht notiert sind. So etwa Namensaktien der „Bank für Wirtschaftliche Initiativen“ und Aktien der ersten Außenhandelsfirma, die sich letztes Jahr selbst privatisierte: „Universal“.

Die Warschauer Börse, die nach dem Vorbild der Regionalbörse von Lyon organisiert und im ehemaligen Sitz des Zentralkomitees der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei untergebracht wurde, agiert im Moment nur an Dienstagen. Häufigere Sitzungen werden erst notwendig werden, wenn zu den fünf bisher notierten Firmen weitere hinzukommen. Auch die gesetzlich vorgesehene Wertpapierkommission, die über die Börsenzulassung entscheidet, existiert noch nicht: Privatisierte Staatsbetriebe — und andere sind zur Zeit nicht notiert — müssen ohnehin zugelassen werden.