Zuflucht für junge Treber

■ KUB feiert 20jähriges Bestehen/ Keine Kürzungen

West-Berlin 1968: Im studentenbewegten Zeitalter des antiautoritären Protestes haben immer mehr Jugendliche die Nase voll von Heim oder Familie und hauen ab. Erster Treffpunkt für viele Trebegänger ist die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Nachdem der Einsatz von Zivilpolizisten und Großrazzien diesen Zustand nicht beseitigen konnten, besann sich der Senat 1971 auf die Pädagogik und mietete eine große Wohnung für »Jugendrandgruppenarbeit« an.

In diesem Jahr feiert die Kontakt- und Beratungsstelle (KUB) für Jugendliche ihr 20jähriges Bestehen in neuen Räumen in der Schöneberger Feurigstraße 8. Knapp 1.000 Jugendliche und junge Erwachsene nutzten im vergangenen Jahr das Beratungsangebot. Die meisten der Hilfesuchenden sind obdachlos oder im Begriff, von zu Hause wegzulaufen. In der KUB finden sie jemanden, der ihnen zuhört. »Viele brauchen Geld und eine Unterkunft«, erzählt eine Mitarbeiterin. »Dahinter steckt oft was ganz anderes, was hier erstmals zur Sprache kommt.« Gewalt, sexueller Mißbrauch und mangelndes Verständnis für den Ablösungsprozeß ihrer Kinder sind die häufigsten Gründe für Jugendliche, die Koffer zu packen. Neben der Beratungsstelle unterhält die KUB auch ein Übernachtungsheim, wo zehn bis zwölf Jugendliche kurzfristig untergebracht werden können. »Dann müssen wir halt sehen, wie es weitergeht. Manche der Jugendlichen sprechen sich dann doch noch mit ihren Eltern aus und gehen zurück nach Hause, andere suchen sich einen WG-Platz. Wir versuchen während der Zeit, bei der Identitätsfindung zu helfen. Die Jugendlichen sollen soweit wie möglich lernen, sich selbst zu versorgen«, erzählt Mitarbeiterin Inka-Maria Ihmels. Bei vielen ist die Lösung nicht einfach: Massive psychische Probleme sowie eine lange Zeit ohne festen Wohnsitz machen eine längerfristige Betreuung notwendig. So wird ein Teil der Weggelaufenen und Trebegänger in »betreuten Einzelwohnungen« untergebracht. 25 Wohnungen hat die KUB angemietet. Sie werden an junge Leute, die sich für eine konstante Betreuung entschieden haben, untervermietet. Vier pädagogische MitarbeiterInnen sind ständig erreichbar und begleiten die Jugendlichen auf ihrem Weg in die Selbständigkeit. Die Wohnungen reichen nicht aus, um den Bedarf zu decken, aber »wir hoffen, im Ostteil noch ein paar Wohnungen abzweigen zu können«. Auch der zuständige Staatssekretär, Klaus Löhe, gab sich bei der Jubiläumsfeier kooperativ. Er versprach, mit Bausenator Nagel über weitere Wohnungen zu verhandeln und sicherte den MitarbeiterInnen zu, von Kürzungen verschont zu bleiben. jgo