■ Tag der Hüte und Hufe - Gala im Hoppegarten

Gala-Renntage der Mode haben in Berlin Tradition. Die Verbindung von Pferdesport und Modedesign versprach von Anfang dieses Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg Exklusivität und den Hauch von weiter Welt: Berühmte Jockeys auf edlen, windschnellen Gäulen und zugleich mondäne Kleiderpracht, vorgeführt von langbeinigen, schmalhüftigen Modells. Dieses Rezept hat auch heutzutage seine Gültigkeit nicht verloren.

Schon zur Jahrhundertwende, zu Beginn einer jeden Turfsaison, hatten die Pferdesport- und Laufstegveranstaltungen für die Berliner Volksfestcharakter der gehobenen Art. Man sah und wurde gesehen, parlierte und exaltierte, gewann und verlor bei zahlreichen Wetten und staunte über das Neueste aus der Welt der Mode.

Eigentlich war die Grunewald-Rennbahn Treffpunkt des Moderennens, doch die Anlage erlag dem Größenwahn der Nationalsozialisten und mußte 1936 dem Bau des Olympiastadions weichen. So wurde Hoppegarten zum neuen Anlaufpunkt für das jährliche Gesellschaftsereignis. »Heute ist nun wieder in Hoppegarten der Tag, für den bekannte Modeschöpfer Kleider schufen. Es werden, wie immer, Renntoiletten sein, aber der Abwechslung halber werden sie sich neuartig, ganz wie zu unserer Mütter und Großmütter Zeiten, in blumengeschmückten Landauern präsentieren...«, hieß es 1935 im Berliner Tageblatt.

Das 440 Hektar große Gelände, nach französischem Vorbild konzipiert und 1868 von Bismarck eingeweiht, gehört heute zu den schönsten Pferdesportanlagen Deutschlands. Lord Derby (der Namensgeber für die Rennen der dreijährigen Stuten), Aga Khan, Hindenburg oder Federico Tesio besuchten den Pferdehort am Rande der Stadt. Nach dem Krieg, in der DDR, widmete man sich in Hoppegarten dann vornehmlich der Pferdezucht: Rennen oder gar Modeveranstaltungen wurden zur Nebensache.

Derzeit hat die Treuhandanstalt Berlin das gewinnträchtige Sportobjekt am Zügel, doch wird sie demnächst entscheiden müssen, wer als nächster Besitzer das Rennen gewinnen wird. Erst einmal haben sich Sponsoren und Betreiber des »Prunkstücks des deutschen Galopprennsports« (Presseheft) zusammengetan, um die alten Zeiten aufleben zu lassen. Heute ab 13 Uhr wird die fast hundertjährige Tradition des Gala-Moderenntages fortgeführt. Zahlreiche Firmen stiften Preise, Promis werben für sich und Hoppegarten, und die Haute Couture führt vor, wo die Mode gemacht wird. Versace und Ferré, Hymphendahl und Valentino lassen Mannequins zeigen, daß Kleider Leute machen. Zu gewinnen gibt es Bargeld, Reisen in die weite Welt, und als Hauptpreis winkt ein Auto zum Verkehrschaos. Auch für die Kinder wird gesorgt. Shows und Entertainment sollen die Zeit zwischen den Rennläufen verkürzen. Macht das Wetter mit, kann' s ein Tag für die gesamtdeutsche Familie werden. Boris Erdtmann