■ Messer Banzani

Im letzten Jahr war ihnen das K.O.B. noch die Probebühne zur gesamtberlinischen Bewährungsprobe gewesen, nun kehren sie an diesen Ort zurück: gereifter, sattelsicherer — aber ohne den Verlust der frühen Spritzigkeit. Vieles, was sie vorher aus Dub, Reggae und Ska gepaart hatten, verläuft inzwischen in weniger schliddernden Bahnen. Den langsam sich ausweitenden Baß- und Schlagwerkpassagen haben sie scheinbar Adieu gesagt, ihr Schwerpunkt liegt auf ausgeschlafener Popmelodik. Was vorher noch vom zelebrierenden Getoaste geprägt war, findet nun im Songgefüge seinen Platz. Man kann mittlerweile mitsingen. Keine Angst, durch Karibikgeschunkele wird man nicht verschaukelt. Dafür besitzen die Leipziger den Springinsfeld unter den Beats — Ska.

Anders als ihre Kollegen von unzähligen TwoTone-Bands sind Messer Banzani aber in der Lage, von krachledernem Ufftaufftahumptata-getose abzusehen und manchmal sogar ein wenig Lovers Rock einzufügen. So erfährt man aus dem Info, daß sich ihr Name mit einem äußerst filigranen Geschäft verbindet. Banzani soll ein venezianischer Glasbläser im 13.Jhrdt. gewesen sein, der der Welt »seine unvergleichlich schönen Gebilde aus feinem, so zerbrechlichem Glas« hinterließ.

Sollten Messer Banzani indes aus der Welt scheiden (was der mighty Jah verhüten möge) bliebe allerdings kein gläserner Tand für das Museum zum Bestaunen übrig, sondern eine übersprudelnd wundervolle LP, wie sie in der deutschen Szene ihresgleichen sucht. Mit der sind die Banzanis auf Tour. Durch Alemania, Skandinavia, Böhmen, Mähren, Ungarland, Italia und Espania, die Reiselust will da noch ganz und gar nicht abebben, und Leipzig ist aus der Ferne sicherlich am schönsten.

Hauptsache, der Kern bleibt standfest. Zwar mußten schon im Verlauf des vergangenen Jahres Bass und Bläser das Mitspielerkarussell vorzeitig verlassen, die Messers der ersten Stunde geben sich dennoch unvermindert die Ehre. Mit wachsendem Erfolg von der alten bis in die Alpenrepublik und wieder ins K.O.B., heute abend um 22 Uhr. Harald Fricke (Foto: S.Willnow)