Altphilologe und Verkehrspolitiker

■ Am 2. Juni ist Bürgerschaftswahl in Hamburg — eine Nagelprobe für die Grünen

Martin Schmidt, Jahrgang 1933, kandidiert für die Hamburger GAL. Sein Markenzeichen im Wahlkampf: „Vater der Fahrradhäuschen“. Er ist jedenfalls der Verkehrspolitiker der GAL. Als „Provinzfürst mit Statur“ würde ihn Antje Vollmer bezeichnen. Tatsächlich war er in der langen sektiererischen Leidensgeschichte der GAL eher ein humanistischer Außenseiter, ein realpolitischer Dissident und ein politischer Philosoph, mit der fatalen Neigung, sich über die „reine Lehre“ der Grünen zu erheitern. Als erfolgreicher Basispolitiker in Hamburg-Altona war er ein vehementer Kritiker der basisdemokratischen Dogmatik.

Seine bittersten Erfahrungen hatten alle etwas mit politischen Erfolgen zu tun: gerade dort, wo er mit politischen Initiativen die anderen Parteien überzeugen konnte, sahen seine Mit-Gallier gefährlichen Reformismus am Werk. Nicht zuletzt wegen derartiger Zumutungen schwankte er oft, seinen Lebensabend der Altphilologie, der attischen Demokratie und dem Thesaurus Linguae Graecae zu widmen, an dem er inzwischen Wörter mit dem Anfangsbuchstaben Omikron bearbeitet. Als dann im Februar 1990 die GAL fertigbrachte, mit Mehrheit die Wiedervereinigung „als falsch“ abzulehnen, gründete er mit anderen realpolitischen Dissidenten das Grüne Forum, das wiederum von der Bundespartei als gefährliche Abweichung gescholten wurde. Dann traten die linken Ökosozialisten aus, und der Rest der GAL versöhnte sich mit dem Grünen Forum, so daß sich in Hamburg wieder oder zum ersten Mal eine wirklich grüne Partei zu Wahl stellt. Sollte eine rot-grüne Koalition in Hamburg zustande kommen, wird Martin Schmidt als Verkehrssenator gehandelt. Das Ressort allerdings müßte er aber erst aus Teilen des Bauressorts herausbrechen. KH