Daimler macht's wie Babel

■ Der Stuttgarter Konzern plant angeblich einen 250-Meter-Tower am Potsdamer Platz/ Architektenkammer kritisiert Wettbewerbsverfahren

Berlin. Einen 70 Stockwerke und fast 250 Meter hohen Wolkenkratzer soll Daimler Benz am Potsdamer Platz planen, und zwar am Südrand des firmeneigenen Grundstückes in der Nähe des Kanalufers. Auf dem Turm — der damit fast doppelt so hoch wäre wie der Steglitzer Kreisel — soll der bekannte Stern schimmern. Diese Neuigkeit wurde gestern am Rande einer Pressekonferenz der Architektenkammer Berlin und des Bundes deutscher Architekten (BdA) bekannt.

Die Kammer wie auch der BdA sprechen sich entschieden gegen die Art des Wettbewerbverfahrens am Potsdamer Platz aus, wie er vom Senat geplant ist (die taz berichtete). Beide fordern einen offenen städtebaulichen Wettbewerb, an dem alle Architekten teilnehmen können, während Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer einen auf 16 Büros beschränkten Wettbewerb beschlossen hat. Unter diesen 16 Architektenbüros sind nur vier aus Berlin.

Die eingeladenen Büros seien darüber hinaus dafür bekannt, daß sie Hochhäuser favorisierten, kritisierte Eckard Feddersen, stellvertretender Vorsitzender des BdA gestern vor der Presse. Darunter seien auch einige Architekten, die auf der berühmt-berüchtigten Frankfurter Ausstellung über Berlin — derzeit im Martin-Gropius-Bau zu besichtigen — in Hochhausutopien schwelgen. Damit sei eine Entscheidung für das künftige Gesicht der Berliner Mitte bereits unter der Hand getroffen, kritisierte Feddersen weiter.

Die Hauptkritik von Kammer und BdA richtete sich jedoch gegen den zuständigen Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz. »Hassemer gibt aus politischen Gründen dem Termindruck von Daimler Benz nach, die keinen offenen Wettbewerb wollen«, meinte Feddersen. Außerdem sei bis heute nicht bekannt, wer in dem Preisgericht sitze, und auch nicht, wo genau das Wettbewerbsgebiet beginne und ende, so Ingrid Schellstedte, die Vorsitzende des Wettbewerbsausschusses der Architektenkammer. Auch ein Verkehrskonzept gebe es noch nicht. Hassemers Vorgängerin Michaele Schreyer wollte einen offenen städtebaulichen Wettbewerb, wie auch Bausenator Nagel, nun aber habe Hassemer sich durchgesetzt.

In Berlin sei es bisher üblich gewesen, daß es bei landeseigenen Grundstücken offene Wettbewerbe gebe, sagte Feddersen weiter. Daimler habe letztes Jahr das Grundstück vom Land Berlin gekauft und sich im Kaufvertrag eine — realitv hohe — Nutzfläche von 25.000 Quadratmetern festschreiben lassen. Damit seien die Gestaltungsmöglichkeiten eingeschränkt, räumte Feddersen ein. Bei einem offenen Wettbewerb müßten sich jedoch die Architekten nicht unbedingt an die höchstmögliche Nutzfläche halten.

Ein Sprecher des Senators erklärte auf Anfrage, die Wettbewerbsvorschläge der 16 eingeladenen Büros würden im — der Fachöffentlichkeit zugänglichen — Stadtforum diskutiert, an dem auch die Architektenkammer teilnimmt. Diesem Verfahren habe auch die Kammer nach einem Gespräch mit dem Senator zugestimmt. Aber offenbar sei ihr nun das Verfahren zu schnell. esch