Vorsicht, Kunsttransport!

■ Das Neue Museum Weserburg wird gerade befüllt: verhüllte Kisten in hellen Räumen / Ein Sponsor fürs Cafe fehlt noch

In der Neuen Weserburg: Wo sich Licht und Luft Guten Tag sagen.Foto: Beate Ramm

Was kann sich Kunst sehnlicher wünschen als große, helle, weiße Räume? Nach zwei Jahren Umbauzeit ist aus der ehemaligen Kaffeerösterei, dem späteren Domizil für freie Kunstschaffende, das Neue Museum Weserburg geworden. Die ersten Objekte liegen, stehen und stapeln sich an Wänden und auf den Böden, geheimnisvoll und vielversprechend verhüllt in Wellpappe und Plastikplanen, gestützt und gepanzert mit Preßholz und Holzkisten, Aufschrift: „Vorsicht Kunsttransport“.

Dazwischen wuseln Handwer

hierhin bitte das

Foto von dem hellen

leeren Raum

kerInnen mit Bohrmaschinen, Schleifmaschinen und Putzmaschinen, ziehen an einer Seilwinde riesige, tonnenschwere Holzkisten durch einen Decken- Durchbruch bis in das oberste Stockwerk und polieren die Brüstung, an der KunstliebhaberInnen von nah und fern ab September Kunst bestaunen können. Der 4 mal 7 Meter weite Durchbruch vom ersten Stock bis unters Dach ist das Bonbon der schlichten Umbau-Architektur.

„Wir haben versucht, anständige Räume herzustellen“, sagt Museums-Chef Deecke, „das

Museum soll ein Gehäuse für die Kunst sein und nicht ein selbstdarstellerisches architektonisches Kunstwerk.“ So wurde aus der Not, mit ursprünglich veranschlagten 6 Millionen Mark ein Museum für zeitgenössische Kunst zu schaffen, eine Tugend. Und an Größe nach Quadratmetern kann es das Neue Museum Weserburg mit dem Museum Ludwig in Köln aufnehmen.

Kunst der letzten dreißig Jahre aus insgesamt 11 Sammlungen wird sich ab September auf 6.000 der insgesamt 10.000 Quadratmeter Fläche präsentieren. Die restliche Fläche teilen sich die Gesellschaft für Aktuelle Kunst (GAK), die Graphothek, ein paar Büros, eine Werkstatt für RestauratorInnen, eine Bibliothek für Kunstbücher und „pädagogische Räume“.

Die Deputationsvorlage, nach der der Umbau 1988 beschlossen worden war, schwärmte: „Das neue Museum Weserburg wird als international bekanntes und operierendes Haus neue Besuchergruppen in die Stadt bringen... Lage und Konstruktion prädestinieren dieses Gebäude wie kaum ein vergleichbares in Europa zum Sammlungsort für Moderne Kunst...“ Künstler-Namen wie Baselitz, Penck, Ruthenbeck, Baer, Uecker, Klein, Graubner, Spoerri, Beuys, Kienholz — um nur einige zu nennen, versprechen viel. Ob allerdings wirklich ein Haus der ersten Garnitur herauskommt, ist damit noch nicht gesagt.

Anständige Räume gibt es fast zu viele in den vier bis fünf Stockwerken bis unters Dach. „Ein Museum braucht Wandflächen“. So erklärt Museumschef Deecke die Entscheidung der Museumsmacher gegen offene Messehallen-Dimensionen. Die einzelnen, geschlossenen Räume entsprächen auch dem Konzept, in sich geschlossene Sammlungen zu zeigen und die Kunst nicht nach chronologischen oder didaktischen Gesichtspunkten zu hängen.

Die Begeisterung über Räume für Kunst im Überfluß wird durch den Mangel an wirklich weiten Blicken geschmälert. Der Durchbruch, von dem aus die MuseumsbesucherInnen an einer Brüstung lehnend vom ersten bis in den vierten Stock blicken können,

An Quadratmetern kann es die Weserburg mit dem Museum Ludwig in Köln aufnehmen

verspricht da zu wenig für optische Spiele mit Objekt, Entfernung und Perspektive.

Kunst heißt nicht nur Sehen, sondern auch Gesehenwerden, und macht die Füße müde und die Kehle trocken. Räume für ein Cafe sind vorhanden, aber leider ist von den 9,8 Millionen Mark, die das neue Museum inzwischen kostet, kein Geld für Ausbau und Einrichtung der Stätte der Regeneration vorgesehen. Dieter Opper vom Senator für Wissenschaft, Bildung und Kunst bemüht sich darum, einen Sponsor für das Cafe zu finden und hat bei alteingesessenen Konditoren und Großunternehmern angefragt. „Es muß eben einer so verrückt sein, ein paar Hunderttausend Mark dafür wegzugeben. Das Cafe wird wahrscheinlich keine Goldgrube“, gesteht Opper.

Im Gesamtetat von 1,5 Millionen Mark für Personal und Unterhaltungskosten sind jährlich 100.000 Mark Ankaufsetat für den Aufbau einer eigenen Sammlung enthalten, die durch Schenkungen bereits an Umfang gewinnt. Kurz vor den Wahlen, am 6. September wird eröffnet. Beate Ramm