Das mühselige Comeback der PLO

Hochrangige PLO-Delegation will die PLO-Beziehungen zu Syrien verbessern/ Treffen der Israel-Anrainerstaaten soll vereinbart werden/ PLO-Führung beschließt „Drei-Ebenen-Strategie“/ Geheimverhandlungen mit den Golfstaaten  ■ Aus Amman Khalil Abied

In Damaskus traf am Samstag eine hochrangige Delegation der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) ein. Die Delegation unter Führung des Leiters der politischen Abteilung der PLO, Faruk Qaddumi, verhandelt mit der syrischen Führung über die Vorstellungen der USA und Syriens zu einer Regelung des Nahost-Konflikts. Qaddumi traf auch mit Vertretern anderer in Damaskus ansässiger Palästinenserorganisationen zusammen, die zum Teil mit der PLO verfeindet sind. Ziel des Besuches ist es auch, die seit langem gespannten Beziehungen zwischen Syrien und der PLO, die sich während der Golfkrise noch verschlechtert haben, zu normalisieren. Während die PLO Saddam Hussein unterstützte, stellte sich Syrien auf die Seite der Anti-Irak-Koalition. Ein PLO-Vertreter, der nicht genannt werden will, sprach mit der taz über die aktuellen Diskussionen in der Organisation. Zu den Gesprächen in Damaskus sagte er: „Zum Thema Nahost-Friedenskonferenz gibt es viele Übereinstimmungen zwischen uns und Syrien. Wir fordern beide die Einbeziehung Europas und der UNO und wollen eine aktive Konferenz, die sich nicht, wie Israel fordert, nur zur Eröffnungssitzung trifft und dann wieder verschwindet.“ Die PLO versucht nun, ein Treffen mit den vier Israel-Anrainerstaaten Ägypten, Jordanien, Syrien und Libanon zu organisieren, um eine gemeinsame Politik zu vereinbaren. Aus PLO-Kreisen verlautet, daß Jordanien und Ägypten diesem Vorhaben bereits zugestimmt hätten. Die PLO-Delegation in Damaskus soll nun auch Syrien und damit wohl auch Libanon zur Zustimmung überreden.

Der Besuch in Damaskus ist nach Angaben des PLO-Vertreters Teil einer im April beschlossenen PLO- Strategie, die die Position der Organisation restaurieren soll. Die PLO hat durch ihre Parteinahme für Saddam Hussein international stark an Ansehen verloren. Die reichen Golfstaaten haben die Finanzhilfe gestrichen, und die Intifada in den von Israel besetzten Gebieten scheint unter dem Druck der Besatzungsmacht zusammenzubrechen. Unter diesen Vorzeichen traf sich Ende April der PLO-Zentralrat zu einer dreitägigen Sitzung. Dem PLO-Vertreter zufolge wurde während der Konferenz eine Strategie beschlossen, deren Ziele es sind, „die Reihen der PLO fester zu schließen und die Organisation aktiv an politischen Prozessen zu beteiligen, um eine Lösung des Palästina-Problems zu erreichen“. Die PLO-Strategie habe drei Ebenen: eine arabische, eine palästinensische und eine internationale.

Teil der arabischen Ebene ist der Besuch der PLO-Delegation in Damaskus. Die PLO versucht auch die Beziehungen zu den anderen arabischen Staaten der Anti-Irak-Koalition zu normalisieren. Direkt nach Beendigung der Konferenz Ende April reiste eine Delegation des PLO-Exekutivrats nach Kairo und traf dort mit dem damaligen ägyptischen Außenminister Meguid zusammen. Nach Angaben des PLO- Vertreters haben sich die Beziehungen zu Ägypten „auf offizieller Ebene“ normalisiert.

Die PLO unternimmt zur Zeit geheime Anstrengungen, um ihre Beziehungen zu den Golfstaaten zu verbessern, allerdings bisher ohne Erfolg. Die Beziehungen zwischen Jordanien und der PLO sind nicht belastet.

Um die innerpalästinensischen Reihen stärker zu schließen, beschloß die Zentralversammlung der PLO, Kontakt zu den Palästinensergruppen außerhalb der PLO wie Hamas und den prosyrischen Gruppen aufzunehmen, um so die Position der Palästinenser vor einer Nahost-Friedenskonferenz zu stärken. Die PLO versucht durchzusetzen, daß an einer Nahost-Konferenz eine unabhängige Palästinenserdelegation teilnimmt, die mit Unterstützung der PLO aus Palästinensern aus den besetzten Gebieten und dem Exil formiert wird. Die Konferenz soll unter der vollen Beteiligung der UNO und der Europäischen Gemeinschaft stattfinden, und zwar auf Grundlage der UN-Resolutionen zur Palästina-Frage, insbesondere der Resolutionen 242 und 338. Das hieße, daß sich Israel aus allen 1967 besetzten Gebieten zurückziehen muß. Die besetzten Gebiete sind dann unter die Schirmherrschaft der UNO zu stellen, bis ein Abkommen über ihre Zukunft beschlossen ist.

Auf internationaler Ebene versucht die PLO ihre Isolation nach der Golfkrise zu durchbrechen. Ein erster Schritt dazu waren die Treffen zwischen Palästinensern und US- Außenminister Baker sowie Delegationen aus Kanada und Europa in Jerusalem. Zwar erklärte Baker, er hätte sich mit „Palästinensern“ getroffen, aber es war weithin bekannt, daß diese zuvor eine Genehmigung der PLO zu den Treffen erhalten hatten. Die Palästinenser zeigten Baker bei seinem ersten Treffen mit ihnen die schriftliche Genehmigung aus Tunis.

Am 14. Mai traf in Genf eine palästinensische Delegation unter der Führung von Jassir Arafat mit dem sowjetischen Außenminister Bessmertnych zusammen. Aus PLO- Kreisen verlautet, Bessmertnych habe versichert, daß es keinen Frieden und keine Sicherheit in der Region geben könne ohne die Lösung der Palästina-Frage. Bessmertnych habe erklärt, daß nach sowjetischer Auffassung die PLO die einzige legitime Vertretung der Palästinenser sei und eine Friedenskonferenz ohne Beteiligung der Palästinenser keinen Erfolg haben könne. Bessmertnych sprach nicht von der direkten Beteiligung der PLO, wohl aber von einer Delegation, die die Zustimmung der PLO hat. Die Positionen beider Seiten über die Beteiligung der UNO und Europas an der Friedenskonferenz waren beinahe identisch. Bessmertnych sagte, er diskutiere mit James Baker die israelische Siedlungspolitik und könne sich nicht vorstellen, wie der Friedensprozeß weitergehen solle, wenn Israel weitere Siedlungen baue. Der PLO-Vertreter erklärte, die Hauptaufgabe der PLO sei, eine internationale Kampagne gegen die israelische Siedlungspolitik in die Wege zu leiten, um Israel zu zwingen, seine Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten zu stoppen, denn wie könnten die Palästinenser glauben, „daß Israel Frieden will, wenn wir jeden Tag zusehen, wie es unser Land stiehlt?“.