“Das Unmögliche möglich machen“

■ „Paul E. Pop“-HörerInnen zwingen Programmdirektion in die Knie

Daß jetzt wieder jeden Sonntagabend eine finstere Flüsterstimme „Paul E.Pop, den Mann aus dem Jenseits“ ankündigt, ist das Ergebnis eines zehnmonatigen Kampfes zwischen fanatischen HörerInnen der Radio-Bremen-4-Sendung Pop's tönende Wunderwelt und der Programmleitung. Diese hatte nämlich im März letzten Jahres die beliebte Sendung vom wöchentlichen Sonntagstermin auf den Dienstagabend verschoben. Außerdem sollte Paul E. Pop nur noch alle zwei Wochen seine Klänge zum besten geben. Wolfgang Hagen, Abteilungsleiter bei RB 4 begründete diesen Schritt damals mit zu hohen Kosten: Moderator Joachim Deicke ist freier Mitarbeiter und damit nach Meinung Hagens zu teuer.

Die HörerInnen wollten sich damit nicht abfinden. Ein gutes Dutzend von ihnen tat sich als „erste organisierte Popkameraden — nicht eingetragener Verein“ zusammen. Unter ihnen finden sich SchülerInnen, ein Philosophiestudent, Azubis und andere zwischen 17 und 30 Jahren. Sie überzogen den Sender mit Briefen, Karten und Anrufen. Doch das Ergebnis war zunächst niederschmetternd: „Die haben uns immer wieder abgewimmelt“, erzählt Bernd. Doch getreu Paul E. Pops Motto - „das Unmögliche

Radio aus den 50igern, RundfunkmuseumFoto: Tristan Vankann

möglich machen“ — gaben sie nicht auf: „Wir haben angefangen, den Sender selbst zu benutzen, der hat uns ja schließlich auch unsere Sendung weggenommen“, meint Jan. Er und seine PopkameradInnen übermittelten einander Grüße und Parolen im „Rocktelefon“ und schafften es sogar, unerkannt für einen „Hörermix“ ausgewählt zu werden. Live im Studio konnten sie so ihre Forderungen verkünden.

Am vergangenen Freitag nun feierten die PopkameradInnen ih

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alte Radio

ren Sieg mit einer Party, zu der auch Moderator Deicke kam. „Unerwartet“ nennt er den Sinneswandel seines Vorgesetzten. Mit seiner Sendung, die schon seit September '87 läuft, habe er „einfach mal anders Radio“ machen wollen.

Das Konzept ist eine bizarre Mischung aus Geschichtenerzählen, Popmusik aus aller Welt von Ghana bis Peru. Das Ganze ist aufgepeppt mit witzigen Filmdialogen und allerlei Originaltönen. Paul E. Pop selbst ist ein Abenteurer, der mal gefährlichen Geheimkulten auf die Spur kommt, dabei öfters die „globale Rutschbahn“ — ein Reisesystem durch den „Hyperraum“ — benutzt und eigentlich immer in Schwierigkeiten ist. Denn er hat einen Gegenspieler, den Erzschurken Ferdinand von Königstein, der es auf Pop im speziellen und die Menschheit im allgemeinen abgesehen hat. Ab und zu passieren auch noch Unfälle im Hyperraum, bei denen sich Paul in allen möglichen Parallelwelten vervielfältigt.

Den Stoff für seine Stories denkt sich Deicke größtenteils selbst aus. Oder er verarbeitet Urlaubserlebnisse, was HörerInnen meistens an erhöhtem Gin-Tonic- Konsum der handelnden Personen erkennen können. „Wenn ich so leben könnte wie Paul — sofort!“, sagt Achim Deicke. Leider sei das mit den senderüblichen Honoraren nicht möglich, und „ich kann ja leider nicht wie Paul in die Vergangenheit reisen, dort ein Konto einrichten und im Hier und Jetzt von den Zinsen leben“, bedauert er. Sein Konzept beschreibt Deicke als „Rückgriff auf ein Radioverständnis aus Zeiten vor dem Fernsehen“. Er scheint damit anzukommen. Immerhin ist es das erste Mal für den Teeniesender RB 4, daß nicht die ModeratorInnen die Party organisieren, sondern die HörerInnen selbst. Gerrit Busch