Grüne sammeln ihren Nachwuchs

Hessische Grüne binden Basis in die Landespolitik ein/ Grüne Nachwuchsorganisation gegründet  ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt/M (taz) — Auf dem Landesparteitag der hessischen Grünen am Sonnabend diagnostizierte ein Redner in der leidenschaftslosen Debatte um Strukturreformen noch „Langeweile in Dosen“. Die wurde am Sonntag in der Stadthalle von Bergen-Enkheim mit Verve durchbrochen. Die Kids bei den Grünen stritten sich mit Gefühl und Härte um die Startbedingungen für den angestrebten Jugendverband der Landespartei. Die heimatlosen Jungdemokraten wollten von den Grünen gerne als Aufbauorganisation und Kaderschmiede anerkannt werden. Und so mußten die vier südhessischen Kreisverbände mit bereits funktionierendem Jugendbereich, die die Gründung eines Landesverbandes „Grüne Jugend Hessen“ (GJH) favoritisierten, auf dem Parteitag Überzeugungsarbeit für eine „richtig grüne Jugend bei den Grünen“ leisten. Nach heftigen verbalen Auseinandersetzungen zwischen den konkurrierenden Jugendlichen erhielt schließlich ein Kompromißvorschlag Joschka Fischers eine deutliche Mehrheit: In Hessen wird ein Dachverband „Grüne Jugend Hessen“ gegründet, in dem dann auch die Jungdemokaten, die sich bei der letzten Kommunalwahl in Hessen für die Partei ins Zeug gelegt hatten, Mitglied werden können.

Am Abend zuvor hatten die hessischen Grünen den bislang wenig effektiv arbeitenden Landeshauptausschuß zum „Kleinen Parteitag“ umfunktioniert. Zukünftig sollen Mitglieder aus den Kreisvorständen, die hauptamtlichen Dezernenten und der Landesvorstand die Geschicke der Partei zwischen den Landesversammlungen leiten. „Ein gewichtiger Schritt hin zur Anbindung der Basis an die Landespolitik“, wie der am Sonntag zum Vorstandssprecher gewählte Jürgen Frömmrich meinte, der bereits dem in Bergen-Enkheim einstimmig entlasteten alten Landesvorstand angehörte. Frömmrich setzte sich bei der Vorstandswahl gegen den von Joschka Fischer favoritisierten Ex-Bundestagsabgeordneten Dietrich Wetzel durch. Vorstandssprecherin wurde Maria Marx vom Kreisverband Offenbach-Land, die — obgleich ohne Gegenkandidatin — nur knapp die erforderliche absolute Mehrheit erreichte. Daß keine weiteren Frauen, „die sonst immer lautstark ihre Benachteiligung in der Partei beklagen“, so ein Mitglied der Landtagsfraktion, bereit waren, für das höchste Parteiamt zu kandidieren, wurde allgemein als „Armutszeugnis“ gewertet. In der kurzen Hauptstadtdebatte am Sonntag mußte Joschka Fischer eine weitere Niederlage einstecken. Während sich Landesregierung und Landtagsfraktion klar für Berlin ausgesprochen hatten, befürwortete der Parteitag eine Volksabstimmung zur Bestimmung der zukünftigen deutschen Hauptstadt.