Tausende Äthiopier wollen noch nach Israel

 ■ Aus Tel-Aviv Amos Wollin

Führer von aus Äthiopien eingewanderten Juden demonstrierten gestern vor der Knesset für die Einwanderung Tausender Äthiopier deren Familien vom jüdischen zum christlichen Glauben konvertiert waren. Viele der jetzt in Israel lebenden äthiopischen Juden haben noch Verwandte in Äthiopien, die selbst oder deren Vorfahren aus Angst vor Verfolgung zum Christentum übertraten. Einige äthiopische Juden in Israel sprechen dabei von 30.000 Personen, die noch in Äthiopien auf ihre Übersiedlung nach Israel warten. Die „Faras-Murah“, wie die getauften jüdischen Äthiopier genannt werden, könnten in Zukunft im Rahmen der „Familienzusammenführung“ nach Israel gebracht werden, sagte der israelische Äthiopien-Sonderbeauftragte Uri Lubrani.

Nachdem die Euphorie über die „Operation Salomon“ genannte Luftbrücke abgeklungen ist, zeigt sich, daß die Frage der äthiopischen Juden keineswegs gelöst ist. Die israelische Regierung beschloß am Sonntag, ihre Bemühungen um die Überführung der etwa 2.000 in den nördlichen Provinzen Äthiopiens zurückgebliebenen Juden fortzusetzen und eine Kommission mit der Klärung der Frage der zum Christentum konvertierten äthiopischen Juden zu beauftragen. Das Jerusalemer Oberrabbinat hatte schon vorher die Erlaubnis erteilt, die getauften Juden Äthiopiens durch eine Zeremonie kollektiv zum Judentum zurückzuführen. In diesem Zusammenhang war von 6.000 Äthiopiern die Rede. In Israel wird aber inzwischen von weiteren „Hundertausenden Äthiopiern“ gesprochen, die behaupten, jüdischer Abstammung zu sein. Auch der ehemalige äthiopische Präsident Mengistu soll während seiner Verhandlungen mit den Israelis behauptet haben, jüdische Vorfahren zu haben.

Das israelische „Gesetz der Rückkehr“ gestattet es Juden, nach Israel zu emigrieren. Wer als Jude gilt, bestimmen die orthodox-religiösen Rabbinatsbehörden. Unklarheiten in dieser Frage haben dazu geführt, daß heute viele äthiopisch-stämmige Israelis getrennt von ihren Familien in Äthiopien leben, die in Israel nicht als Juden anerkannt werden.

Palästinensische und arabische Sprecher haben die Massenüberführung äthiopischer Juden nach Israel kritisiert. Die Neueinwanderer würden die demographischen Verhältnisse in Israel zu Ungunsten der Palästinenser verändern. Letzendlich würde ihre Anwesenheit doch zur Legitimierung neuer Siedlungen in den besetzten Gebieten benutzt. Die israelische Regierung hatte am Sonntag erklärt, die äthiopischen Juden würden nicht in den besetzten Gebieten angesiedelt. Dies soll eine Bedingung der Amerikaner gewesen sein, die die „Operation Salomon“ unterstützten.