Familientherapie an Schulen bedroht

■ Wenn LehrerInnen nicht mehr weiter wissen, sollen TherapeutInnen helfen

SchülerInnen, die den Unterricht chaotisieren oder die MitschülerInnen mit Gemeinheiten traktieren, SchülerInnen, die sich still absondern oder schon gar nicht mehr in der Klasse erscheinen: Das Phänomen der „Verhaltens- und Lernstörungen“ nimmt an den Schulen zu. LehrerInnen erkären sich für überfordert, jeder „auffälligen“ SchülerIn nachzugehen. Die Schule für Gehörlose an der Marcusallee hat vor zwei Jahren ein Gegenmittel entdeckt: Ein Team von zwei Familientherapeutinnen, das die „Auffälligkeiten“ der einzelnen SchülerInnen als „Störungen des Systems Familie“ begreift. Die Frauen sprechen mit SchülerInnen, machen Hausbesuche, versuchen alle Familienmitglieder an einen Tisch zu holen und weg vom „Sündenbock Kind“ zu kommen, sowie Verhaltensänderungen bei den Elternteilen herbeizuführen. Das Problem, das die Schule Marcusallee mit ihrem Heilmittel Familientherapie hat: Die beiden Familientherapeutinnen werden vom Arbeitsamt über AB-Mittel bezahlt und der Bildungssenator weigert sich, die Personalkosten in Zukunft zu übernehmen.

Damit dem Senator die Entscheidung leichter fällt, haben sich die RektorInnen von insgesamt sieben Bremer Sonderschulen zusammengetan. Sie forderten gestern gemeinsam das Zweier- Therapeutinnen-Team für ihre insgesamt 700 SchülerInnen an. Einer der versammelten Sonderschul-Rektoren führte die Widerstände der Schul-Bürokraten gegen die Familientherapie darauf zurück, daß diese Bürokraten die „Macht des Psychischen“ bei sich selbst ebenfalls unterschätzten: „Verdrängung auf allen Ebenen“. bd