INTERVIEW
: „Das Löschen hat doch gerade erst angefangen“

■ Brandexperte Ernst Achilles sieht keine Entwarnung bei Kuwait-Bränden/ Löscharbeiten bisher nur in einem Feld

taz: In den vergangenen Tagen hat es mehrfach Berichte über Fortschritte bei den Löscharbeiten in Kuwait gegeben. Wie viele Feuer sind denn wirklichlich gelöscht worden?

Ernst Achilles: Darüber liegen keine genauen Angaben vor, es liegen nicht einmal genaue Erkenntnisse über die Zahl der brennenden Ölquellen vor. Die Kuwaiter sagen, ihnen fehlten zur Luftbeobachtung die erforderlichen Infrarot-Sichtgeräte und Wärmebildkameras. Brandrauch verdeckt die brennenden Quellen. Das ist für uns in Mitteleuropa schwer vorstellbar.

Wie viele Quellen brennen heute?

Als ich vor etwa drei Wochen mit den SPD-Abgeordneten Kübler, Ganseforth und Michael Müller in Kuwait war, wurde uns eine Zahl von 93 Quellen genannt, die nicht mehr brennen. Dabei muß man aber berücksichtigen, daß maximal ein Drittel durch Löschmaßnahmen außer Betrieb gesetzt wurden, die anderen wurden durch reine technische Maßnahmen gestoppt, wie das Zusperren von Ventilen. Einige sind auch durch Ausglühen der Brände erloschen. Die von den Kuwaitis genannte Zahl von 130 Quellen mag zunächst einmal dahin gestellt sein. Vierzig wirklich gelöschte Quellen wird ein guter Annäherungswert sein. Die richtigen Löscharbeiten fangen im Grunde doch jetzt erst an.

In den Meldungen heißt es, die größten Feuer seien bereits gelöscht.

Ich kann mir das nicht richtig vorstellen. Wir haben in einem Feld 15 Kilometer südwestlich von Kuwait-Stadt Anstrengungen gesehen, während in den anderen Feldern, insbesondere westlich und nordwestlich von Kuwait-Stadt bisher noch keine Löschmaßnahmen durchgeführt wurden. In diesem Bereich gibt es noch zahlreiche Großbrände. Insgesamt gibt es ja sechs große Ölfelder, in denen es brennt. Insgesamt soll sich der Schaden durch das verbrennende Öl nach wie vor auf täglich 500 Millionen Mark belaufen. Daß die größten Feuer gelöscht sind, stimmt also einfach gar nicht.

Wie sieht es denn mit dem technischen Gerät aus, wird noch modernes Gerät gebraucht? Wie wirksam arbeiten die Amerikaner?

Die amerikanischen Löschteams arbeiten nach alten Methoden, so wie sie es gewohnt sind von der Bekämpfung kleinerer Brände in Texas. Das Gerät wirkt zum Teil fast schon mittelalterlich. Bei einem Brand dieses Außmaßes sind aber moderne Technologien und auch ein größerer Personaleinsatz notwendig. Ich selbst habe an der Einsatzstelle zwei ausgebrannte alte Bagger der Red Adair Truppe und weitere ausgebrannte Raupenfahrzeuge gesehen. Die Bagger hatten weder eine Ausladung zum Arbeiten, die es erlaubt hätte, weit genug vom Feuer entfernt zu bleiben, noch verfügten sie über genug Hitzeschutz. Die deutsche Industrie ist durchaus in der Lage, hier besser geeignetes Material zu liefern. Und die deutschen Feuerwehren könnten mindestens gleichwertig mit den Amerikanern dort arbeiten.

Ist denn internationale Mitarbeit erwünscht?

Das ist die Frage. Die zuständige Regierungsstellen haben jedenfalls Bereitschaft erklärt. Interview: Hermann-Josef Tenhagen