Werner Lotze: „Benjamin“ Beer suchte in der RAF Familienersatz

Koblenz (dpa) — Das ehemalige RAF-Mitglied Henning Beer (32) war nach Ansicht des ehemaligen RAF-Terroristen Werner Lotze (39) „noch zu unreif für diese Art von Terrorismus“ und nahm innerhalb der Gruppe immer eine Sonderstellung ein. Als 19jähriger im Gefolge seines älteren Bruders Wolfgang in die Gruppe gekommen, habe Henning eher einen „Familienersatz“ gesucht und sei nie mit wirklich wichtigen Aufgaben betraut worden, sagte Lotze am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht Koblenz als Zeuge im Prozeß gegen Henning Beer aus.

Als der 1980 in der ehemaligen DDR untergetauchte Lotze von der Polizeifahndung nach dem „Benjamin“ der Gruppe erfuhr, sei er „sehr erstaunt“ gewesen, sagte er. Henning Beer sei immer sehr ängstlich gewesen, an den inhaltlichen Diskussionen und der „fürchterlichen Kritik und Selbstkritik“ des führenden „inneren Kreises“ der Roten Armee Fraktion habe er nie teilgenommen.

Henning Beer hatte selbst vor Gericht seine Mitgliedschaft in der RAF zugegeben und eingeräumt, bei einem RAF-Raubüberfall in Zürich 1979 auf einen Polizisten geschossen zu haben. Auch an dem Sprengstoffanschlag auf den Nato-Oberkommandeur Alexander Haig in Belgien 1979 war er nach eigenem Geständnis beteiligt.