Battle of the Bands

■ Galopprock

Das Glück auf dem Rücken der Pferde(stärken): Motor Weirdos (photo: Petra Gall)

An diesem Wochenende zeigen sich, wenn schon nicht die Götter des Wetters, dann wenigstens die der Musik gnädig - wir können auf aufwendige Autoausleihaktionen verzichten, brauchen weder anstrengende Kurztrips in amüsante westdeutsche Großstädte zu unternehmen noch uns um Kino-, Fernseh- oder Beziehungsstreßübertünchungsfreizeitangebote zu kümmern. Am heutigen Freitag empfiehlt es sich, eine Erholungspause vom Donnerstag einzulegen, eine Kleinigkeit zu essen, danach in die Badewanne bzw. in Kostüm, Anzug, Siegelring und Hut zu springen und sich sodann ins Ecstasy chauffieren zu lassen. Wie so oft bei großen Pokalläufen reicht es auch heute nicht, möglichst alles Geld auszugeben und gut auszusehen; es gilt, auf das richtige Pferd zu setzen und zum entscheidenden Zeitpunkt dem traditionsreichen Battle of the Bands beizuwohnen.

Das heutige Rennspektakel können wir zunächst gelassen angehen - die Opener galoppieren ausdrücklich für die „Nicht-Helden dieser Welt“. Sie fühlen sich der „Punk- Rock-Wave-Blues-Tradition“ verbunden, sprechen von „idealen Melodiebögen“ und „rasender Romantik“, eventuell spielen sie auch so. Erste romantische Rasereien des Abends werden sich allerdings voraussichtlich zwischen Champagnerpavillon, Plastikbecherbierstand und anregenden Gesprächen mit und von den Favoriten abspielen, gut informierten Kreisen zufolge dürften Sacred Feat noch nicht zu diesen gehören.

Genug getratscht. Vergessen wir also für kurze Zeit die neue Ex-Freundin des alten Lovers, den unmöglichen Hut - und überhaupt: diese SCHUHE - und wenden uns erneut und interessiert dem Geschehen auf der Bahn zu. Die aktuelle Rennzeitung berichtet: „Was braucht eine Hardrockband mehr als ein paar gängige Melodien, einen prügelnden Trommler, einen straighten Gitarristen und vor allem eine Frontfrau, die aufs Vollendetste röhren kann.“ Skew Siskin könnten sich seit dem letzten Rennen leicht angekündigt haben.

Der hochdotierte dritte Lauf darf mit Spannung erwartet werden. Die Elektrikgitarrenkaubeus aus Borken wußten schon immer und erst recht letztens in Amerika mit ihrer Mischung aus Kantri, Rocknroll, Metall und Stirnband die Kaugörls von den Barhockern zu fegen. Übrigens, wo wir schon mal von ihnen sprechen, das mit den Trakkern damals in der Bravo war gelogen. Wenn nicht mal wieder wenigstens einer von ihnen wie üblich siechend darniederliegt - wahlweise aufgrund schwerer Lungenentzündungen, Gehörstürze oder Headbangingschleudertraumata -, dann müßten sie jetzt eigentlich schnaubend in den Startlöchern scharren. Auch heute dürften die Waltons als sicherer Tip gelten.

Altgediente Jockeys halten sich nun zum furiosen Comeback bereit. Ein Stallbursche belauschte folgendes verschwörerisches Gespräch zwischen Strohballen und Pferdeäpfeln: „Wir sind heute besser als früher. Heute mit mehr Power denn je - Zurück auf die Bühne! Zurück zum Volk! Back with a Bang! Live is Life!“. Mit ihrem zeitlosen Gitarrensound konnten PVC schon während der letzten 14 Jahre manches Rennen für sich entscheiden.

Die Ränge füllen sich, das Publikum auch, der Höhepunkt des heutigen Rennens naht. Die Quoten sind vielversprechend: Luka wird Papa. Rudi ist und bleibt gekrönter Sambucakönig und der aktracktivste Brillenträger von Kreuzberg, seine herzzerreißenden Balladen treiben uns und ihm vor Rührung die Gläser von der Nase. Zwille spielt Fels in der Brandung und Bass. Nachdem ihr neuer Trainer Grant Hart, ungekrönter Jägermeisterkaiser der Wiener Straße, sie auf der letzten Platte zu Höchstleistungen anspornte, raten wir ohne zu zögern: Setzen was das Zeug hält! Die Strangemen bringen den Wetteinsatz doppelt und dreifach zurück.

(photo: H.Weifflenbach)

Am Schweif des heutigen Abends hängen drei „langhaarige Krachpommes“. Nachdem die heutigen Rennen sämtlichst der eher härteren Gangart entsprechen, wird das Finish selbstverständlich nicht von der bekanntesten belgischen Zucht, derjenigen aus dem Technostall, bestritten. Jason Rawhead werden von den Buchmachern als der vielversprechende Außenseiter gehandelt.

Unser Tip für den ersten Renntag: Strangemen - Jason Rawhead - Waltons

Der zweite Renntag beginnt im Schatten, mit einem gesunden Eggnogg und vorsichtigen Wetteinsätzen. Beeinflußt von anerkannten Eierköpfen wie Egg No More, Eggmones, Egger Dü und Glen Eggzig dürften Eggmen Five, sofern sie gut aus den Boxen kommen, einen durchaus auf- und anregenden Start garantieren.

Umbesetzung des Pflegepersonals und Trainerwechsel gingen dem nächsten Lauf voraus; bisher wurde deshalb keine eindeutige Einschätzung der früher kaum im Zaum zu haltenden Kreuzberger Wildpferde seitens der Rennleitung bekannt. Obwohl Loaded in den letzten Rennen recht gut abschneiden konnten, ist die heutige Quotierung, auch in Anbetracht der Konkurrenz, noch mehr als offen.

Erste beachtliche Erfolge der 1988 in Berlin vielversprechend eingeführten Jungpferde und die Beteiligung des in so vielen Rennen überragenden Jockeys Rudi Freese mögen hier Aufschluß geben über Qualität und Gangart von No Harms, die in letzter Zeit bedauerlicherweise recht selten die Bahn betraten und dennoch das Risiko einer Platzwette wert sein sollten.

Durch den Einsatz des erfahrenen Jockeys Heiner Ebber, der damit für zwei Ställe antritt, konnte die Bereicherung einer gnadenlosen Züchtung und eines jeden Rennverlaufs erzielt werden. Da glückliche Pferde schneller laufen, kann spätestens seit der glanzvollen Hochzeit des Bassisten Martin Büchler-Suckow, geb. Büchler, mit der umwerfenden Chris Suckow-Büchler, geb. Suckow, ein Überraschungssieg der Motor Weirdos keinesfalls ausgeschlossen werden.

Zur Erholung des sonnenbrand- und sektrauschgeplagten Publikums bieten die jetzt antretenden Vollblüter einen anmutigen Pas de deux quatre. Die Rennleitung bittet alle Besitzer und Trainer, ausnahmsweise davon abzusehen, nach dem Zieleinlauf wegen etwaiger Unklarheiten Protest einzulegen: die Lolitas weigern sich beharrlich, ein disziplinierter Haufen zu werden.

Ungezogen und wüst geht dieser Renntag zu Ende; noch einmal wackeln Köpfe, zappeln Beine zu den wohlbekannten Vorführungen der Rude Angels, die in der Metallica- und AC/DC-Schule gut aufgepaßt haben und uns einen soliden Ausklang des Battle of the Bands bescheren werden.

Der Tip des zweiten Tages kann wegen nicht zu beseitigender Uneinigkeiten innerhalb des Wett-Teams nicht abgegeben werden. Erika und Marjot, bis vor kurzem noch Freundinnen

Am Freitag, 31.5., spielen Sacred Feat, Skew Siskin, Waltons, PVC, Strangemen und Jason Rawhead. Heute abend dann Eggmen Five, Loaded, No Harms, Motor Weirdos, Lolitas und Rude Angels. Beginn ist jeweils 21 Uhr im Ecstasy