Geburtstagsparty in Zeiten des Engerschnallens

■ Zum »Tanz der Kontinente« im Haus der Kulturen der Welt

Was haben wir gegrinst und uns, ein wenig hämisch, die Hände gerieben, damals, als sie zusammenplumpste, wie ein schlechter Hefeteig — die Kongresshalle. Nach dem Wiederaufbau zur 750-Jahrfeier kam dann der Politik (einmal) die Erleuchtung in Form eines Hauses der Kulturen der Welt. In den Goethe-Instituten war man sich seit längerem des eigenen Kultur-Kolonialismus bewußt gewesen: Einerseits posaunt ein ganzes Netz von Goethehäusern das hehre deutsche Kulturerbe in alle Welt hinaus; andererseits haben wirschaftlich schwächere Länder keine Chance, sich und ihre Kultur den Deutschen vorzustellen. Dagegen mußte man etwas tun. »Two-way-communication« hieß das Zauberwort, und so wurde das Haus der Kulturen der Welt (HKW) in die rekonstruierte Kongresshalle gesetzt.

Das Auswärtige Amt finanziert die Programmkosten, der Berliner Senat zahlt Halle und Planstellen. Zusammen gibt dies einen Etat von runden sechs Millionen, mit dem sich außereuropäische Kultur in Deutschland vorstellen kann. Doch dieses Jahr kamen 400.000 DM weniger aus dem Steuertropf, weshalb die schon geplante »Worldparty« aller ausländischen Communities in Berlin abgesagt werden mußte. »Es macht uns zu schaffen,« sagt Pressesprecher Harald Jähner, »daß wir keinen gesicherten Haushalt haben. Wir müssen langfristig planen, können es aber nicht.«

Mit Begeisterung erzählen Gabi Stiller und er von den Projekten: Sie wollen keine Folklore zeigen, sondern »moderne, aktuelle Kultur mit politischen Inhalten.« Authentizität ist oberstes Gebot. »Besonders interessant ist, wenn man bestimmte Regionen über längere Zeit verfolgt.« — wie im Falle Südafrikas und der Darstellung der Apartheid in der Kunst.

Einige Aktionen des HKW hat man noch in bester Erinnerung: Die »Heimatklänge« aus dem letzten Jahr zum Beispiel; mit satten acht Wochen afrikanischer Musik frei Haus. Dieses Jahr kommen die Heimatklänge aus Indien. »Nahziel Ferne, Fernziel Heimat« lautet der vergeistigte Titel. Nebenher organisiert das HKW dazu die »Indien-Festspiele«, die von September '91 bis März '92 laufen: Rund 400 indische Künstler, Autoren, Wissenschaftler geben sich in insgesamt 35 deutschen Städten ein Stelldichein. Perspektive für das nächste Jahr ist die allseits thematisierte Entdeckung Amerikas. Statt sich aber in Jubelfeiern zu ergehen, will sich das HKW auf die Zeit vor und nach der Entdeckung konzentrieren. Was geschah mit den Inkas und Indianern, und später den afroamerikanischen Sklaven? Uns abstrus erscheinende Religionsgemische aus Katholizismus und Voodoo (Makumba) tun sich auf, reichliches Inka-Gold gibt es zu zeigen. Sie sollen Kontrastprogramm sein, und so definiert Gabi Stiller auch die Aufgabe des Hauses: »Wir wollen diejenigen Kulturen präsentieren, die keine eigene Stimme haben.«

Seit Januar 1989 ackert das HKW für die Weltkultur in Deutschland. Am 31. Mai und 1. Juni feiert das HKW mit dem »Tanz der Kontinente« seinen zweiten Geburtstag. Am Freitag ab 20 Uhr mit »Rosani Rets« aus Brasilien und »Naskoum«, einer marokkanisch-französischen Band. Die ehemalige Psychoanalytikerin Rosani Rets hat laut Presseinfo so ziemlich alles drauf: »Funk bis Bossa Nova, Fusion bis Ballade, Afro-Pop und Jazz sowie viele der 500 Rhythmen Brasiliens«. Am Samstag ab 20 Uhr spielt dann Ali Farka Toure aus Mali auf seiner Gurkel — die einsaitige Gitarre heißt wirklich so — westafrikanischen Blues. Ali Farka Toure orientiert sich an Otis Redding und John Lee Hooker, mit dem er auch schon gemeinsam auftrat. Danach pogen »Les Tetes Brulees«. Psychedelische Hexenmeister nennt man sie. Ornamentbemalt von Kopf bis Fuß erscheinen sie als eine Mischung aus Vorortpunk und Buschkrieger: So versprechen die Kameruner »punk africain« - und Fußball während der Show! Klaus Meyer

Jeweils ab 20 Uhr in der John Foster-Dulles-Allee 10, 1-21