Synagoge wird Lagerhalle

■ In letzter Sekunde doch kein Mietvertrag für die Initiative »Haus Wolfenstein«/ Grund für den Rückzieher: Mangelnde Finanzkraft

Steglitz. Die ehemalige Synagoge an der Steglitzer Düppelstraße 41 scheint um ein künftiges Dasein als Lagerhalle nicht herumzukommen (wir berichteten). Nachdem das Gebäude 1988 unter Denkmalschutz gestellt worden war und die Initiative »Haus Wolfenstein« voller Hoffnung auf einen Mietvertrag ein Nutzungskonzept für einen Ort jüdischer Begegnung und Kultur ausgearbeitet hatte, soll das Haus nun anderweitig vermietet werden. Just an dem Tag, an dem die Initiative bei der Eigentümergesellschaft das Grundstück anmieten wollte, teilte ihr der Geschäftsführer Hans-Peter Nothelfer mit, es werde an einen anderen Mieter vergeben. Als Grund für den plötzlichen Rückzug nannte er die mangelnde Finanzkraft des Vereins sowie das vorgelegte Nutzungskonzept. Der Verein sei nicht in der Lage, 70.000 Mark für die notwendige Instandsetzung des Gebäudes auf den Tisch zu legen.

Das vorgelegte Nutzungskonzept sah neben kulturellen Veranstaltungen auch Sprachunterricht für jüdische Aussiedler aus der Sowjetunion vor. Statt dessen, so der Vorsitzende der Initiative, Gerhard Niederstucke, wolle Nothelfer nun eine Parfümerie sowie eine Lagerhalle in der Synagoge unterbringen.

»Wir haben den Verdacht, daß ihm die sowjetischen Juden nicht gepaßt haben.« Viele sehen in diesem Vorgehen einen Skandal: Sowohl das zuständige Bezirksamt als auch die Denkmalschutzbehörde drückten beim gestrigen Pressegespräch ihr Bedauern über die Zweckentfremdung aus. »Das Denkmalrecht gibt uns aber leider keinen Handlungsspielraum, das zu verhindern«, erläuterte Kurt Eckert von der Denkmalschutzbehörde. Die Nutzung als Lagerhalle tue der Substanz des historischen Denkmals schließlich keinen Abbruch. Für ethische und ideelle Werte böten die Paragraphen leider keinen Raum. »Uns sind die Hände gebunden.«

Ähnlich machtlos gab sich auch das Bezirksamt, dem von Nothelfer noch 1990 zugesichert worden war, in Verhandlungen mit der Initiative zu treten. »Wir haben auch unsere finanzielle Unterstützung der Begegnungsstätte eindeutig zugesagt und bedauern sehr, daß der Eigentümer sich dann doch nicht verhandlungsbereit zeigte. Eine rechtliche Handhabe hat der Bezirk aber leider nicht«, bedauerte Bezirksstadtrat Thomas Härtel. Die Vertreter der Initiative wollen sich jedoch nicht abspeisen lassen. Man könne »doch wohl von den Volksvertretern erwarten, daß sie sich jetzt einmal für die in Steglitz verbliebenen Juden einsetzen und bei den ansässigen wohlhabenden Geschäftsleuten 70.000 Mark zusammentrommeln«, sagt Niederstucke.

Aufgegeben hat die Initiative den Kampf um die ehemalige Synagoge noch nicht. Als nächstes stehen Gespräche mit dem Landeskonservator und dem Senat auf dem Programm: »Vielleicht erhöhen sich unsere Chancen, wenn das Haus ins Gedenkstättenprogramm der Stadt aufgenommen wird«, hofft Niederstucke. »Ansonsten kann man mit diesem Eigentümer wohl nur auf der finanziellen Ebene verhandeln. Und da ziehen wir den kürzeren.« Jeannette Goddar