Heckelmann hackt gegen Pätzold

■ Innensenator erhebt massive Vorwürfe gegen Amtsvorgänger Pätzold / Hat Pätzold einen Heckelmann-Beamten massiv unter Druck gesetzt?

Berlin. Der ehemalige Innensenator Erich Pätzold (SPD) soll in der vergangenen Woche den Leiter des Aufsichtsreferats über den Verfassungsschutz in der Senatsinnenverwaltung, Bernd Sonnewald, unter massiven politischen Druck gesetzt haben. Innensenator Dieter Heckelmann (CDU-nah), der diesen Vorwurf gestern im parlamentarischen Verfassungsschutzausschuß erhob, sprach von einer beispiellosen und »unerträglichen Beeinflussung«. Er werde den Fall in dienstrechtlicher und strafrechtlicher Hinsicht »umfassend« prüfen.

Er zitierte einen Brief, den ihm Sonnewald in diesen Tagen zugesandt hatte. Darin berichtet der Beamte, der seit 26 Jahren der SPD angehört, daß ihn Pätzold am Rande einer Sitzung des innenpolitischen Fachausschusses der SPD angesprochen habe. Der Ex-Senator habe ihn nicht nur für seine »jetzige Amtsführung« kritisiert und ihn »dringend ermahnt«, den seinerzeit von Pätzold festgelegten Kurs »nicht zu verlassen«. In Anwesenheit eines Mitarbeiters des LfV habe der Ex-Senator darüber hinaus gesagt, daß »Durchstechereien« im Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) »durchaus ihre Berechtigung haben könnten«, wenn nur so künftig ein rechtmäßiges Handeln im LfV sichergestellt werden könne. Sonnewald habe in seinem Schreiben darum gebeten, ihn von seinen Pflichten zu entbinden.

Heckelmann nannte gestern einen zweiten Vorfall, der »unmittelbar mit dem ersten verbunden« sei. Im LfV hätten einige Beamten offenbar bewußt Informationen zurückgehalten, um sie später gegen Kollegen verwenden zu können. Dieser Vorwurf sei in einem Vermerk vom Oktober 1989 enthalten. Der Hinweis auf einen »nicht ordnungsgemäßen Umgang mit Akten« sei auch in einem Bericht der Projektgruppe zu finden, die Pätzold seinerzeit zur Überprüfung des LfV eingesetzt hatte, sagte Innenstaatssekretär Armin Jäger. Unter Pätzold sei jedoch niemand diesen Hinweisen nachgegangen. Im Zusammenhang mit diesen Vorwürfen seien gegen einen Beamten bereits Verwaltungsermittlungen eingeleitet worden, ergänzte der Leiter des LfV, Heinz Annußek. Bisher gebe es zwar nur ein »Nicht- Ergebnis«, dennoch würden noch in dieser Woche disziplinarische Vorermittlungen gegen den Beamten eingeleitet.

Pätzold wies die Vorwürfe gestern als »vollkommen unbegründet« zurück. Von »Druck«, den er ausgeübt haben soll, könne »keine Rede« sein. Bevor Heckelmann eine »politisch-dienstliche Brühe zusammenbraue«, solle er vorher ihn, Pätzold, um Klärung bitten.

Der Verfassungsschutzausschuß, der sich gestern konstituierte, sollte sich auf Antrag der SPD eigentlich mit den Intrigen beschäftigen, die einige Beamte im Landesamt für Verfassungsschutz gegen den rot-grünen Senat angestrengt haben sollen. Annußek räumte erstmals ein, es gebe Erkenntnisse über »Illoyalitäten« zweier ehemaliger LfV-Beamter gegen die SPD/AL-Koalition. Dazu zähle eine Indiskretion über Pätzolds Urlaubsregelung sowie telefonische Absprachen mit westdeutschen Verfassungsschutzämtern. Sie hätten sich gegen »die Amtsleitung und die politische Führung gerichtet«. Die Hinweise stammten aus Verhören von drei ehemaligen Stasi-Mitarbeitern und seien »sehr allgemein gehalten«. Von der Stasi gefertigte Wortprotokolle der Telefongespräche sind dem LfV nach Annußeks Worten nicht bekannt.

Um die Ermittlungen voranzutreiben, sei eine Sonderarbeitsgruppe eingerichtet worden. Daneben wird nach Annußeks Angaben aber auch gegen diejenigen LfV-Mitarbeiter ermittelt, die »illegalerweise Informationen über diese Affäre an die Presse gegeben haben«. Hier seien bereits »mehrere Anhörungen vorgenommen worden«. hmt